Nachtigallen: Guter Sänger – guter Vater

Männchen mit besonders attraktivem Balzgesang beteiligen sich intensiver als andere an der Brutpflege und werden deshalb von den Weibchen bevorzugt
Die Nachtigall – ein ganz unscheinbarer Vogel mit höchst beeindruckendem Gesang.
Die Nachtigall – ein ganz unscheinbarer Vogel mit höchst beeindruckendem Gesang.
© Conny Bartsch
Berlin - Bei den meisten Singvögeln hängt der Bruterfolg davon ab, wie fürsorglich sich auch das Männchen um die Jungen kümmert. Daher sollte das Weibchen einen Partner wählen, der sich als guter Vater erweist. Die weibliche Nachtigall kann das am Gesang erkennen, berichten jetzt deutsche Biologen. Demnach weisen spezielle Merkmale des Balzgesangs und das Liedrepertoire zuverlässig darauf hin, wie häufig ein Männchen später seine Jungen füttert. Mit dem Gesang vermittelt das Männchen dem Weibchen also eine „ehrliche“ Information über seine Vaterqualitäten und damit seine biologische Fitness, schreiben die Forscher im Fachblatt „BMC Evolutionary Biology”.

„Lange Zeit dachte man, nur ein einziges Merkmal des Gesangs – und zwar die Größe des Repertoires – sei für die weiblichen Vögel wichtig bei der Partnerwahl. Doch unsere Beobachtungen bei Nachtigallen zeigten, dass es ein Mix verschiedener Merkmale ist, der das väterliche Engagement erkennen lässt“, sagt Conny Bartsch von der Freien Universität Berlin. Ihre Forschergruppe studierte das Verhalten von 20 beringten männlichen Nachtigallen in einem Landschaftsschutzgebiet bei Potsdam. Die Biologen zeichneten deren nächtliche Gesänge auf, die nur während der Partnersuche zu Beginn der Brutsaison ertönen. Diese zählen zu den kunstvollsten und abwechslungsreichsten Vogelgesängen überhaupt. Ein einzelner Vogel beherrscht etwa 180 verschiedene Lieder. Sie sind aus mehreren kurzen Strophen aufgebaut, die entweder aus Pfeiftönen, knarrenden Lauten oder Trillern bestehen.

Die Forscher analysierten für jeden Sänger nicht nur dessen Repertoire, sondern auch die Komplexität der Kompositionen. Später beobachteten sie dann, wie stark sich die Männchen beim Füttern der Jungen beteiligten. In der späten Brutphase flogen sie durchschnittlich 16-mal pro Stunde mit Nahrung zum Nest – etwa genauso häufig wie die Weibchen. Allerdings lag bei vielen Männchen die Häufigkeit des Nestbesuchs deutlich über oder unter diesem Mittelwert. Es gab also auch sehr gute und sehr schlechte Väter. Zwischen Balzgesang und väterlichem Engagement ergab sich ein klarer Zusammenhang: Die Männchen, die am intensivsten fütterten, hatten während der Balz zum einen das größte Liederrepertoire präsentiert. Zum anderen waren ihre Gesänge auch abwechslungsreicher und sie wiederholten die einzelnen Strophen in strenger geordneten Folgen als die schlechteren Väter.

Indem die Weibchen diese Qualitätsmerkmale im Gesang erkennen und danach ihren Partner wählen, entscheiden sie sich für den besten Vater. Dieser garantiert aufgrund seiner größeren biologischen Fitness eine große Zahl an gemeinsamen Nachkommen. Bei der Partnerwahl werden zudem ältere Männchen bevorzugt. Im Vergleich zu den jüngeren tragen sie ihre Strophen in einer regelmäßiger wiederkehrenden Reihenfolge vor, was die Attraktivität für die Weibchen verstärkt. Der Vorteil liegt darin, dass ältere Vögel über mehr Erfahrung verfügen und die Ressourcen ihres Reviers besser zu nutzen wissen, was der Brut zugute kommt.

© Wissenschaft aktuell


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg