Musik beruhigt bei künstlicher Beatmung

Metastudie belegt, dass die Klänge den Stress durch die belastende Behandlung deutlich mindern
Philadelphia (USA) - Musik kann mitunter Wunder wirken - so auch bei Patienten, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr selbstständig atmen können. Die Atmung muss dann mechanisch durch spezielle Beatmungsgeräte unterstützt werden, was allerdings mit starken emotionalen Belastungen verbunden ist. Die Empfindung von Atemlosigkeit, die Unfähigkeit zu sprechen, das häufige Absaugen durch die Maschinen und die Isolation sind nur einige der Faktoren, die zu Beklemmungen und Ängsten führen können. Gegen diesen enormen Stress kann aber ein überraschend einfaches Mittel helfen: Musik, und das ganz ohne die Nebenwirkungen von Medikamenten. Dies bestätigen amerikanische Forscher, die Ergebnisse aus acht Untersuchungen mit mehr als 200 Patienten analysiert haben. Sie berichten über ihre Metastudie in der "Cochrane Library".

"Mit all diesen Faktoren, die eine mechanische Beatmung zu einer hochgradig belastenden Erfahrung machen, ist es spannend, dass Musik eine Möglichkeit bieten kann, die Beklemmungen ohne kostspielige Nebenwirkungen zu reduzieren", erläutert Joke Bradt von der Drexel University in Philadelphia. Die Forscher hatten in ihre Analyse die Ergebnisse aus acht Studien mit insgesamt 213 Patienten einbezogen, in denen die Effekte von Musik auf das Wohlbefinden von Patienten untersucht worden war, die aus diversen Gründen und auf unterschiedliche Weise ein Beatmungsgerät benötigt hatten. Sieben der berücksichtigten Untersuchungen hatten mit Musik vom Band gearbeitet, eine mit einem Musiktherapeuten, der seine Klänge unmittelbar an die Atemrate der Patienten anpasste.

Im Schnitt reduzierte das Hören von Musik im Vergleich zur Standardbehandlung Unruhe und Beklemmungen. Ebenso senkten die Klänge Herz- und Atemfrequenz, wenn auch nicht den Blutdruck. "Diese Ergebnisse sind vielversprechend, aber wir brauchen mehr Untersuchungen, um die Beweise zu stärken und wir wären besonders interessiert darin, mehr Forschung zu Live-Musik durch ausgebildete Musiktherapeuten zu sehen", sagt Bradt. "Dennoch, weil Musikhören eine leicht zu verschaffende Behandlung ist, empfehlen wir, dass Musik kritisch erkrankten Patienten als eine Art der Stressbewältigung angeboten werden sollte."

Welche Art der Musik eingesetzt wurde und am ehesten den erwünschten Effekt erzielt, darüber treffen die analysierten Studien nur wenig Aussagen, bedauern die Forscher. Es wird höchstens erwähnt, dass es sich um Klassik beziehungsweise um Easy Listening handelte. Künftige Untersuchungen sollten daher näher auf diese Thematik eingehen und detailliertere Informationen über die Musik beinhalten. "Wir empfehlen", sagt Bradt, "dass sich medizinisches Personal, das Patienten Musik zur Verfügung stellt, einen Musiktherapeuten hinzuzuziehen, um zu verstehen, welche Art Musik für einen bestimmten Patienten das Beste sein könnte."

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Music interventions for mechanically ventilated patients", Bradt J, Dileo C, Grocke D.; Cochrane Database of Systematic Reviews (2010, Issue 12. Art. No.: CD006902. DOI: 10.1002/14651858.CD006902.pub2)


 

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