Mögliche Fehldiagnose bei Lungenentzündung: Erreger auch bei gesunden Kindern nachweisbar

Ein häufiger Erreger von Lungeninfektionen (Mycoplasma pneumoniae) besiedelt die oberen Atemwege – auch ohne Krankheitssymptome auszulösen
Rotterdam (Niederlande) - Ein Drittel aller Lungenentzündungen bei Kindern in Europa ist auf das Bakterium Mycoplasma pneumoniae zurückzuführen. Der Erreger einer sogenannten atypischen Pneumonie findet sich aber auch bei einem unerwartet hohen Prozentsatz gesunder Kinder, berichten niederländische Mediziner. Üblicherweise werden die Bakterien durch DNA-Tests oder über ihre Antikörper im Blut nachgewiesen. Jetzt zeigt sich, dass diese Verfahren für eine zuverlässige Diagnose ungeeignet sind, da sie nicht zwischen einer harmlosen Besiedlung und einer gefährlichen Infektion unterscheiden können, erklären die Forscher im Fachblatt „PLoS Medicine“.

„Unsere Studie hat ergeben, dass Mycoplasma pneumoniae häufig in den oberen Atemwegen von Kindern vorkommt, die keine Krankheitssymptome zeigen“, schreiben Annemarie van Rossum vom Kinderhospital der Erasmus Universität in Rotterdam und Kollegen. Dies sei ein weiteres Beispiel dafür, dass ein Erregernachweis allein oft ohne klinische Bedeutung ist. Die Mediziner nahmen Rachenabstriche und Blutproben von Kindern im Alter zwischen drei Monaten und 16 Jahren, die wegen Atemwegsinfektionen in ein Krankenhaus eingeliefert worden waren. Als Kontrolle diente Untersuchungsmaterial von 405 gesunden Kindern. Die Abstriche wurden zum Nachweis von M. pneumoniae-DNA mit Hilfe der hochempfindlichen PCR-Methode eingesetzt. Mit den Blutproben erfolgten Tests auf Antikörper, die das Immunsystem bei Kontakt mit den Mykoplasmen produziert.

Der DNA-Test war bei 16 Prozent der Erkrankten positiv, aber bei den Kontrollen waren es sogar 21 Prozent. Auch die Resultate der Bluttests halfen nicht, zwischen gesunden Keimträgern und erkrankten Kindern zu unterscheiden. Bei 71 Prozent der gesunden Keimträger waren die Erreger nach einem Monat nicht mehr nachweisbar. In den anderen Fällen besiedelten die Mykoplasmen die Atemwege bis zu vier Monate lang, ohne dass Krankheitssymptome auftraten. Wie durch eine zunächst harmlose Besiedlung der Schleimhäute eine bedrohliche Lungenentzündung entstehen kann, ist noch nicht geklärt. Dabei spielen wahrscheinlich die Keimzahl, die Immunabwehr und die gleichzeitige Gegenwart weiterer Erreger eine wichtige Rolle, vermuten die Forscher. Neue diagnostische Methoden seien nötig, um Mykoplasmen eindeutig als Ursache einer akuten Infektion nachweisen zu können. Nur dann ist eine gezielte Behandlung durch Antibiotika möglich. Auch andere bakterielle Erreger von Atemwegsinfektionen wie Pneumokokken und Haemophilus können vorübergehend die Schleimhäute besiedeln, ohne eine Infektion auszulösen.

An Pneumonien sterben nach Angaben der Autoren weltweit jährlich 1,2 Millionen Kleinkinder, hauptsächlich in Südasien und Afrika. Im Gegensatz zu Pneumokokken werden die zellwandlosen Mykoplasmen durch Penicilline nicht abgetötet, sondern müssen mit Makrolid-Antibiotika wie Erythromycin und Azithromycin behandelt werden. Allerdings nehmen Infektionen durch Mykoplasmen zu, die dagegen resistent geworden sind. Umso wichtiger wäre es, diese Medikamente nicht unnötig einzusetzen, da sonst eine Resistenzbildung gefördert wird.

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