Mistkäfer orientieren sich nachts an der Milchstraße

In mondlosen Nächten nutzen die Insekten den diffusen Lichtstreifen am Himmel, um ihre Dungkugel auf geradem Weg fortzurollen
In mondlosen Nächten nutzt der afrikanische Mistkäfer Scarabaeus satyrus die Milchstraße zur Orientierung.
In mondlosen Nächten nutzt der afrikanische Mistkäfer Scarabaeus satyrus die Milchstraße zur Orientierung.
© Current Biology, Dacke et al.
Lund (Schweden)/Wits (Südafrika) - Afrikanische Mistkäfer nutzen den Himmel als Kompass. Sie orientieren sich an Sonne, Mond und polarisiertem Licht. Jetzt haben schwedische und südafrikanische Biologen eine weitere, im ganzen Tierreich bisher einzigartige Fähigkeit dieser Insekten nachgewiesen. In klaren mondlosen Nächten dient ihnen das Band der Milchstraße dazu, eine eingeschlagene Richtung beizubehalten, wenn sie ihre Dungkugel wegrollen, berichten die Forscher im Fachblatt „Current Biology“. Die Wissenschaftler halten es für möglich, dass sich auch andere nachtaktive Tiere auf diese Weise gerichtet fortbewegen könnten.

Die Biologen hatten beobachtet, dass der Mistkäfer Scarabaeus satyrus nachts beim Fortrollen seiner Dungkugel auch dann einen geraden Pfad einschlägt, wenn kein Mond sichtbar ist. „Das gab Anlass zu der Vermutung, dass die Käfer den Sternenhimmel als Orientierungshilfe nutzen“, sagt Marie Dacke von der Universität Lund. Zusammen mit schwedischen und südafrikanischen Kollegen konnte sie diese Annahme nun experimentell bestätigen. In freier Natur rollen die Käfer ihre Kugel vom Kothaufen aus auf geradem Weg fort, um eine Auseinandersetzung mit möglichen Konkurrenten zu vermeiden. Für ihre Versuche setzten die Forscher jeweils einen Käfer mit Mistkugel in das Zentrum einer kreisförmigen Arena von zwei oder drei Metern Durchmesser. Dann ermittelten die Biologen die Weglänge oder die Zeit, die zum Erreichen des Arenarandes benötigt wurde: je kleiner die Messwerte, desto gerader der Weg. Ein umgebender Zaun verhinderte, dass das Tier Merkmale der Landschaft wahrnehmen konnte.

Bei bedecktem Himmel irrten die Käfer orientierungslos umher und brauchten sehr lange, um den Rand des Testfeldes zu erreichen. Auch Käfer, denen durch eine Kappe der Blick zum Sternenhimmel verwehrt war, verloren die Fähigkeit, ihre Kugel auf möglichst geradem Weg vom Zentrum fortzurollen. Weitere Aufschlüsse über die Art des Orientierungssignals lieferten Experimente in einem Planetarium. Wie erwartet, waren die Insekten nicht in der Lage, auf das Licht einzelner Sterne zu reagieren. Selbst das Licht der hellsten Sterne ist zu schwach, um von ihren Augen wahrgenommen zu werden. Aber unter einem künstlichen Himmel, der lediglich das diffuse helle Band der Milchstraße simulierte und alle anderen Sterne ausblendete, war die Orientierung wieder möglich.

Da der Mond nur in der Hälfte der Nächte sichtbar ist, sei die Milchstraße für die Käfer eine wichtige alternative Orientierungshilfe, vermuten die Forscher. Wenn sowohl Mond als auch Milchstraße wahrnehmbar sind, würden die Käfer wahrscheinlich eine der beiden Lichtquellen auswählen, um sie als Signal zu nutzen. Auch von bestimmten Fröschen sei bekannt, dass sie sich in mondlosen Nächten gerichtet fortbewegen können. Die Autoren schließen nicht aus, dass die Fähigkeit, sich mit Hilfe der Milchstraße zu orientieren, im Tierreich sogar weit verbreitet sein könnte.

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