Mikroskop mit Seitenspiegel beobachtet Zellkern bei der Arbeit
RLSM steht für „reflected light-sheet microscopy“, die Mikroskopie reflektierter Licht-Ebenen oder dünner Schichten. Zum Umlenken des Lichts nutzten Christof M. Gebhardt und David M. Suter von der Harvard Universität einen mikroskopisch kleinen Spiegel, der normalerweise in Rasterkraftmikroskopen eingesetzt wird. Unmittelbar neben der Zelle platziert, lenkte er den von oben auftreffenden Lichtstrahl eines typischen Fluoreszenzmikroskops um 90 Grad zur Seite und schickte ihn als dünne Lichtschicht so durch die Zelle, dass der Fokuspunkt des Strahls genau im Zellkern lag. Der Detektor des Mikroskops, welcher die Fluoreszenzen registriert, lag wie üblich unterhalb der Zellproben.
Im Experiment untersuchte das Team um Gebhardt und Suter einzelne Tumorzellen auf einem typischen gläsernen Labor-Objektträger, der auf einer Piezobühne senkrecht minimal auf und ab gesteuert wurde. So ließen sich einzelne dünne Schichten in schneller Abfolge durchleuchten – in einer zeitlichen Auflösung der Aufnahmen von bis zu 100 Hz. Das erlaubte es, mit bis dahin unerreichter Klarheit einzelne fluoreszierende Proteine und ihre Aktivität in lebenden Säugetierzellen darzustellen. Auf diese Weise konnten die Forscher beobachten, wie bestimmte Proteine, sogenannte Transkriptionsfaktoren, mit DNA-Strängen im Zellkern interagierten. Transkriptionsfaktoren sorgen durch ihre Bindung an bestimmte Stellen des Erbgutstrangs für das Ein- oder Ausschalten einzelner Gene. So dürfte RSLM den Biologen deutlich genauere Einblicke in solche Abläufe lebender Zellen verschaffen als bisher – auf wenige Nanometer genau und mit einer zeitlichen Genauigkeit von Millisekunden.
Die Forscher nennen mehrere Vorteile ihrer neuen Methode: Zum einen ließen sich handelsübliche Fluoreszenzmikroskope relativ leicht für eine solche Licht-Schicht-Beleuchtung umkonstruieren. Zweitens ließen sich bis zu 0,5 Mikrometer dünne anregende Lichtschichten erreichen, und drittens könnten diese eine Zellprobe beinah in ganzer Höhe durchleuchten. Dank des Spiegels lassen sich die Lichtschichten nämlich sehr nah an die Glasunterlage heranbringen, es bleibt nur eine Lücke von rund 2 Mikrometern - gering genug, dass bei den meisten Zellkernen von Säugetierzellen keine wichtigen Bereich fehlen. Die Spiegeltechnik liefere klarere Bilder als andere Fluoreszenztechniken bisher. Vor allem aber sei das Betrachten lebender Zellen kein kompliziertes Experiment mehr, schreibt das Team: „Es sind keine speziellen Beobachtungskammern nötig, denn handelsübliche Kulturschalen mit Glasboden lassen sich sowohl für die Zellkultur als auch für die Bildgebung nutzen.“