Migräne: Vermeintliche Auslöser häufig ohne Effekt

Nur wenige Patienten reagieren tatsächlich mit einer Attacke auf Einflüsse, die sie für persönliche Migräne-Trigger halten
Beispiel dafür wie Migräne-Patienten eine mit der Kopfschmerzattacke einhergehende Aura empfinden können
Beispiel dafür wie Migräne-Patienten eine mit der Kopfschmerzattacke einhergehende Aura empfinden können
© Lille1982, als gemeinfrei publiziert
Kopenhagen (Dänemark) - Typische Migräne-Trigger sind womöglich gar keine so häufigen Auslöser der heftigen Kopfschmerzattacken wie von den Betroffenen angenommen. Das legt zumindest eine kleine Studie dänischer Mediziner nahe, in der sie versuchten, einen Anfall gezielt zu provozieren. Es zeigte sich: Nur bei wenigen Patienten, die an Migräne mit Aura litten und starke körperliche Beanspruchung sowie grelles Licht als ihre Trigger zu kennen glaubten, lösten diese Faktoren auch tatsächlich eine Attacke aus. Bisherige Studien zu Trigger-Faktoren von Migräne sind zumeist Befragungen, die rückblickend erhoben werden. Die Aussagen können dementsprechend durch die Erinnerung verzerrt sein. Das Ziel der aktuellen Studie lag daher darin, Patienten den von ihnen selbst benannten Auslösern auszusetzen und so den ursächlichen Zusammenhang zwischen diesen Faktoren und Attacken zu untersuchen, berichten die Forscher im Fachblatt „Neurology“.

„Menschen mit Migräne mit Aura wird geraten, mögliche Auslöser zu meiden, was sie dazu bringen kann, eine breite Palette verdächtiger Faktoren zu meiden“, erklärt Jes Olesen von der Universität Kopenhagen. „Bisher sind die am häufigsten genannten Auslöser Stress, grelles Licht, emotionale Einflüsse und körperliche Beanspruchung.“ Die meisten dieser Faktoren sind schwer zu umgehen und darüber hinaus kann es auch von Nachteil sein, etwa körperliche Aktivität vollständig zu vermeiden, so Olesen. Eine Migräne mit Aura zeichnet sich durch zusätzliche neurologische Erscheinungen aus. Dazu können Sehstörungen mit Gesichtsfeldausfällen, Lichtblitzen, Flimmern oder ähnlichen optischen Phänomenen ebenso gehören wie Störungen von Sensorik oder Sprache.

Die Mediziner hatten bei 27 Patienten, die an einer Migräne mit Aura litten, gezielt versucht, eine Attacke zu provozieren. Sie setzten die Probanden dazu starker körperlicher Anstrengung und/oder unterschiedlichen Lichtreizen aus – beides Faktoren, bei denen die meisten der Teilnehmer davon ausgingen, dass sie vermutlich einen Migräne-Anfall nach sich ziehen würden. Fünf der Migräne-Patienten machten den Versuch dabei zweimal an zwei verschiedenen Tagen, so dass die Forscher insgesamt 32 Ereignisse analysieren konnten.

Das Ergebnis: Nur 3 der 27 Patienten – also 11 Prozent – berichteten, dass die systematische Provokation auch tatsächlich eine Migräne mit Aura nach sich gezogen hatte. Weitere 3 berichteten von einer Migräne, jedoch ohne Aura. Licht alleine zog in keinem der Fälle einen Migräneanfall nach sich. Von den zwölf Patienten, die ausschließlich körperlich beansprucht worden waren, bekamen vier einen Anfall, einer davon mit Aura. Zwei von sieben Probanden, die beiden Triggern ausgesetzt worden waren, erlitten danach eine Migräne mit Aura. Bei zwei Patienten kam es zu nicht ganz eindeutigen Reaktionen, welche die Mediziner aber nicht als Migräneanfall einstuften.

Selbst empfundene Migräneauslöser ziehen eine Migräne mit Aura demnach nur in einer kleinen Subgruppe von Patienten aus, schließen Olesen und seine Kollegen. Prospektive Studien seien daher wichtig für künftige Untersuchungen von Migräne-Triggern und die klinische Praxis. Die Studie wirft einige Fragen zu möglichen Auslösern von Migräne auf. „Vielleicht sind bestimmte Verhaltensweisen kein Auslöser, sondern vielmehr eine Reaktion auf die frühen Phasen der Migräne selbst“, erläutert Peter Goadsby von der University of California in San Francisco, der einen begleitenden Kommentar zur Studie verfasst hat. „Möglicherweise ist es ein frühes Symptom, dass Leute zu körperlicher Aktivität bewegt werden, und der Zusammenhang mit Licht ist schlicht und ergreifend auf die Lichtempfindlichkeit zurückzuführen, die mit der Attacke selbst einhergeht.“

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Quelle: „Provocation of migraine with aura using natural trigger factors”, Jes Olesen et al.; Neurology, Vol. 80, S. 428


 

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