Mehr Sex durch gute Beziehungen zum Boss

Das Alpha-Männchen einer Schimpansengruppe toleriert die Kopulation anderer Geschlechtsgenossen im Tausch gegen soziale Vorteile, die seine Stellung festigen
Durch Fellpflege des Alpha-Männchens erkaufen sich rangniedere Schimpansen die Möglichkeit zur Kopulation.
Durch Fellpflege des Alpha-Männchens erkaufen sich rangniedere Schimpansen die Möglichkeit zur Kopulation.
© Ian Gilby
Tempe (USA) - Für das Alpha-Männchen einer Schimpansengruppe wäre es eigentlich optimal, sich als einziger mit sämtlichen Weibchen zu paaren, um möglichst viele Nachkommen zu zeugen. Tatsächlich zeugt er aber nur 30 bis 50 Prozent aller Neugeborenen. Dafür gibt es zwei Gründe, berichten amerikanische Biologen nach Auswertung langjähriger Beobachtungen. Zum einen ist das ranghöchste Männchen ab einer bestimmten Größe der Gruppe gar nicht mehr in der Lage zu verhindern, dass sich empfängnisbereite Weibchen auch mit anderen paaren. Zum anderen werden solche Kopulationen aber sogar geduldet, wenn dafür eine Gegenleistung erbracht wird, beispielsweise in Form von Fellpflege. Mit diesem Kompromiss festigt das Alpha-Männchen seine soziale Stellung, so dass es seine Führungsposition längere Zeit verteidigen kann. Dieses Verhalten steigert letztlich sowohl den eigenen Fortpflanzungserfolg als auch den seiner Kumpane, schreiben die Forscher im Fachblatt „Proceedings of the Royal Society B“.

„Unsere Ergebnisse zeigen eine mögliche Funktion sozialer Bindungen“, sagt Joel Bray von der Arizona State University in Tempe. „Alpha-Männchen können es Rangniederen erlauben sich zu paaren, wenn sie im Austausch dafür soziale Vergünstigungen erhalten, zum Beispiel auch die Unterstützung bei Kämpfen gegen andere Männchen.“ Bray und seine Kollegen nutzten Aufzeichnungen des Verhaltens von acht Alpha-Männchen in einer Gruppe wild lebender Schimpansen des Gombe Nationalparks in Tansania. Die aufeinanderfolgenden „Amtszeiten“ dieser ranghöchsten Männchen erstreckten sich über einen Zeitraum von insgesamt 36 Jahren. Männliche Schimpansen bleiben ihr Leben lang in derselben Gruppe. Ihr sozialer Rang steigt zunächst mit dem Alter an, bleibt dann eine Zeitlang unverändert und fällt schließlich wieder ab. Wie viele Nachkommen sie zeugen, hängt stark davon ab, bis zu welcher Stellung sie in der Rangordnung aufsteigen.

Aus den Beobachtungsdaten ging hervor, dass es häufiger zu Paarungen zwischen empfängnisbereiten Weibchen und rangniederen Männchen kommt, wenn deren Zahl in der Gruppe ansteigt. In dieser Situation überfordert es das Alpha-Männchen offenbar, solche Kopulationen zu verhindern. Außerdem stieg die Paarungsrate eines Männchens mit seiner sozialen Stellung. Die Biologen konnten aber noch einen weiteren Faktor nachweisen, der den Fortpflanzungserfolg eines Männchens beeinflusste: Diejenigen, die häufiger bei der Fellpflege des Alpha-Männchens beobachtet wurden, was für eine engere soziale Beziehung spricht, hatten öfter als andere Gelegenheit zur Paarung – selbst wenn der Boss dann in der Nähe war. Das Alpha-Männchen profitiert langfristig von diesem Kompromiss, da solche „Männerfreundschaften“ ihm helfen, seine Stellung möglichst lange zu behalten. Bekanntlich kann ein Schimpanse bis zu neun Jahre lang die höchste Position in seiner Gruppe einnehmen, bevor er von einem Konkurrenten verdrängt wird. Rangniedere Männchen dagegen nutzen kurzfristige Vorteile, wenn sie durch Gefälligkeiten mehr Chancen zur Kopulation erhalten. Es sei anzunehmen, so die Forscher, dass kleinere Alpha-Männchen eher auf die Unterstützung von anderen angewiesen sind als besonders kräftige. Das sollen weitere Beobachtungen prüfen.

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