Mehr Fluten durch wachsende Gletscherseen
„Das globale Risiko durch solche Eisstauseen wurde bisher noch nie quantifiziert“, schreiben Caroline Taylor von der Newcastle University und ihre Kollegen. Diese Wissenslücke stopften die Wissenschaftler nun mit einem Blick auf alle Hochgebirge der Erde. Dabei betrachteten sie nicht nur die Gletscher und die aktuellen Schmelzraten. Auch die jeweilige Landschaftsformen und Größe sowie Anzahl der Siedlungen unterhalb der Gletscherregionen flossen in ihre Risikoanalyse mit ein. Zudem betrachten Taylor und Kollegen die Verletzlichkeit der Menschen in den verschiedenen Regionen, die vom Aufbau der Infrastruktur, dem Zustand des lokalen Kastrophenschutzes und nicht zuletzt auch von einer Maßnahmen bremsenden Korruption in den Staaten abhängt.
Seit 1990 nahmen Anzahl und Ausmaße von Eisstauseen rasant um etwa 50 Prozent zu. Je höher die Besiedlungsdichte unterhalb der Gletschergebiete ist, desto mehr Menschen sind von den möglichen Fluten gefährdet. Da die fragilen, natürlichen Dämme aus Eis und Geröll sehr plötzlich brechen können, wären die Vorwarnzeiten sehr gering. Vor allem die Himalaya-Region und die Anden weisen ein hohes Risiko auf. Gut die Hälfte der 15 Millionen gefährdeten Menschen konzentrieren sich in nur wenigen Staaten: Indien, Pakistan, China und Peru. Doch auch in den Alpen ist die Gefahr nicht gering, vor allem in Italien und der Schweiz. In Frankreich und Österreich drohen dagegen weniger Gletscherfluten.
Diese Studie beziffert erstmals das globale Risiko der zunehmenden Anzahl an Eisstauseen. Weitere Studien könnten nun auch konkrete Schutz- und Anpassungsstrategien entwickeln. So könnten Simulationen von Gletscherfluten die wahrscheinlich betroffenen Gebiete anzeigen, in denen weitere Ansiedlungen möglichst vermieden werden sollten. Doch auch die Entwicklung effizienter Methoden für einen kontrollierten Abfluss aus den Eisstauseen vor einem möglichen Bruch der natürlichen Dämme wäre durchaus vorstellbar.