Mehlwürmer toppen Steak und Putenbrust

Die Zucht der Insektenlarven als Eiweißquelle für Menschen ist in punkto Umweltfreundlichkeit anderen Tier- und Milchfarmen klar überlegen
Ihr hoher Eiweiß-Anteil macht die Mehlwürmer so nahrhaft, ihre Zuchtbedingungen sorgen für vergleichsweise niedrige Umweltbelastung.
Ihr hoher Eiweiß-Anteil macht die Mehlwürmer so nahrhaft, ihre Zuchtbedingungen sorgen für vergleichsweise niedrige Umweltbelastung.
© Peter Halasz
Wageningen (Niederlande) - Statt nur am Angelhaken könnten saftige Mehlwürmer künftig auch öfter auf den Esstischen der westlichen Welt zu finden sein. Als Eiweißquelle für den Menschen wären sie auf jeden Fall deutlich umweltfreundlicher als Milch und als Rinder-, Schweine- und Geflügelfleisch, berichten jetzt niederländische Insektenforscher. Die Anzucht der Würmer, eigentlich sind es Käfer-Larven, benötigt deutlich weniger Landfläche und produziert weniger Treibhausgase als die Zucht der üblichen Fleisch- und Milchtiere. Mit ihrer exakten Analyse lieferten die Forscher erstmals genaue Zahlen, die den Vergleich des Insekten-Eiweißes mit anderen Proteinquellen messbar machen. Dabei schnitten die Mehlwürmer am besten ab, zeigt die Studie im Fachblatt „PLOS ONE“. Doch während eiweißreiche Maden bei Naturvölkern und auch in Asien sehr beliebt sind, überwiegt in westlichen Industrienationen noch die Abneigung. Abgesehen von wenigen Spezialitätenrestaurants sind sie hierzulande vor allem als Fischköder oder Futter für Terrarientiere zu haben.

„Da die Bevölkerung unseres Planeten weiter wächst und die Landmenge auf dieser Erde beschränkt ist, braucht es ein effizienteres und nachhaltigeres System der Lebensmittelproduktion“, berichtet Dennis Oonincx von der Universität Wageningen. „Jetzt wurde erstmals gezeigt, dass Mehlwürmer – und eventuell andere essbare Insekten – dieses Ziel erreichen helfen können.“ Bis zum Jahr 2050 wird weltweit ein steigender Bedarf an tierischem Eiweiß von 70 bis 80 Prozent erwartet. Gleichzeitig gilt Tierzucht im großen Maßstab bereits heute als wenig nachhaltig.

Oonincx und Kollegen hatten deshalb die Umweltbelastung von herkömmlichen Fleischproduktionshöfen in drei Punkten mit der einer Mehlwurmzucht verglichen: dem Landverbrauch, dem Energieverbrauch und dem Ausstoß von Treibhausgasen.. Sie analysierten den Produktionszyklus – von Anzucht bis Auslieferung – auf einer kommerziellen Mehlwurmfarm im niederländischen Deurne. Dort züchtet man in gleichen Mengen die Larven des Mehlkäfers (Tenebrio molitor) und des Großen Schwarzkäfers (Zophobas morio). Das Forscherteam konnte für beide den kompletten Produktionsablauf analysieren, von der Eiablage bis zum Ausliefern der frischen Mehlwürmer. Neben den direkt produzierten Mengen an Treibhausgasen rechneten sie auch jene mit ein, die bei der Herstellung des Futters, beim Heizen oder auch beim Transport auftreten.

Das Ergebnis war eindeutig: Pro Kilogramm essbaren Proteins benötigten Mehlwürmer und andere Tierzuchten ähnlich viel Energie, doch die Insektenfarmen waren wesentlich Platz sparender und produzierten weniger CO2 und andere Treibhausgase: Für die Larven lagen sie bei 2 bis 122 Gramm pro Kilogramm Gewichtszunahme, bei Schweinen waren es 80 bis 11.130 Gramm und bei Rindern sogar 2.850 Gramm. Beim Energieverbrauch erreichten die Larven mit rund 170 Megajoule pro Kilogramm Eiweiß einen ähnlichen Durchschnittswert wie die Schweine, Milch und Geflügel lagen etwas niedriger, Rind deutlich höher. Allerdings brauchen die Insektenlarven eine gleichmäßig warme Umgebung, so dass in europäischen Breiten meist geheizt werden muss. In anderen Weltregionen dürfte hier weniger Energie nötig werden. Am deutlichsten punkteten die Mehlwürmer aber beim Landverbrauch: mit weniger als 20 Quadratmetern pro Kilogramm essbaren Eiweißes lagen sie vor Milch, Schwein und Geflügel mit Durchschnittswerten knapp unter 50 Quadratmetern und Rind mit 140 bis 250 Quadratmetern.

Die Forscher raten deshalb, dass Insekten-Eiweiß als nachhaltigere Nahrungsquelle berücksichtigt werden sollte. Derzeit verbraucht die Nutztierzucht rund 70 Prozent aller landwirtschaftlichen Fläche und ist für rund 15 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, schreiben Oonincx und Kollegen. Das wiederum werde direkt von der Ernährungsweise der Menschen beeinflusst. Ob jemand aber bestimmte Speisen als lecker oder als ekelhaft empfindet, gilt als anerzogen. So sind geröstete Heuschrecken oder gebratene Mehlwürmer auf vielen asiatischen Märkten ein beliebter Snack. In Europa hingegen betrachtet man nur die ähnlich vielbeinigen Garnelen oder rohe Austern und Schnecken als Delikatesse.

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Quelle: „Environmental Impact of the Production of Mealworms as a Protein Source for Humans – A Life Cycle Assessment“, DGAB Oonincx, IJM de Boer; PLoS ONE , DOI:10.1371/journal.pone.0051145


 

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