Männliche Fruchtbarkeit steckt in den Knochen
"Wir wissen nicht, warum das Skelett die männliche Fruchtbarkeit reguliert, aber nicht die weibliche. Vielleicht ist es für die Verbreitung einer Spezies einfacher, die Fähigkeit zur Fortpflanzung der Männchen zu fördern", sagt Gerard Karsenty von der Columbia University in New York. Sein Forscherteam hatte zuvor bereits herausgefunden, dass das von den Knochen bildenden Zellen, den Osteoblasten, freigesetzte Hormon Osteocalcin an der Regulation des Zuckerstoffwechsels und des Körpergewichts beteiligt ist. Die neuen Ergebnisse unterstreichen die bisher unterschätzte Bedeutung, die das Knochengewebe als Hormonproduzent für den gesamten Stoffwechsel hat, insbesondere auch für den Alterungsprozess, betont Karsenty.
In Experimenten mit Gewebekulturen stellten die Forscher zunächst fest, dass Osteoblasten eine Substanz freisetzen, die Hodenzellen dazu anregen, verstärkt Testosteron zu bilden. Dagegen reagierte Gewebe von Eierstöcken nicht durch eine erhöhte Produktion von Östrogen. Dass es sich bei der wirksamen Substanz um Osteocalcin handelt, zeigten Versuche mit männlichen Mäusen, die dieses Hormon nicht mehr bilden konnten: Sie zeugten nur halb so viele Nachkommen wie normale Mäuse. Außerdem ließen Osteocalcin-Injektionen ihren Testosteronspiegel ansteigen. Schließlich identifizierten die Forscher ein Rezeptorprotein in den so genannten Leydig-Zellen der Hoden, das durch Bindung von Osteocalcin aktiviert wird. Das löst Reaktionen aus, die die Testosteronproduktion ankurbeln und so zum Überleben der Spermien beitragen. Den Osteocalcinrezeptor konnten die Forscher auch in menschlichen Hodenzellen nachweisen, nicht aber in Zellen der Eierstöcke. Eine zu geringe Osteocalcinproduktion könnte also auch eine Ursache verringerter männlicher Fruchtbarkeit beim Menschen sein. Durch Medikamente, die den Rezeptor aktivieren, wäre eine Behandlung denkbar.