Luxus-Parfums von der Tanne statt vom Wal
„Die Nutzung von Ambra in der Duft-Industrie war umstritten“, berichtet Joerg Bohlmann, Botanik-Professor an der University of British Columbia: „Erstens ist es ein tierisches Produkt, dessen Einsatz in der Kosmetik ohnehin problematisch ist, und obendrein kommt es vom Pottwal, einer gefährdeten Tierart.“ Zwar handelt es sich bei der heute verwendeten Ambra überwiegend um Funde vom Meeresufer rund um Pazifik, Atlantik und aus der Karibik. Doch gerade deshalb ist es eine teure Substanz, deren Zusammensetzung und Qualität stark schwankt. Im allergrößten Teil der Parfüme findet Ambra längst keinen Einsatz mehr, seit ein im Labor hergestellter Ersatzstoff wesentlich günstiger für ähnliche Eigenschaften im Duft sorgt. Ähnliche Duftstoffe im Salbei konnten sich hingegen nicht bewähren. Wenn es also unbedingt ein Naturprodukt sein soll, halten Bohlmann und Kollegen jetzt eine Lösung bereit: Sie identifizierten ein Gen in der Balsamtanne (Abies balsamea), das dafür sorgt, dass die Tanne dieselbe Substanz wie der Wal erzeugt – ein Alkoholmolekül namens cis-Abienol.
“Wir haben entdeckt, dass das Gen den Naturstoff viel effizienter produzieren kann, was die Herstellung dieses Bioprodukts weniger teuer und viel nachhaltiger macht“, so Bohlmann. Die Balsam-Tanne, die im Nordosten Kanadas und der USA wächst, hat ihren Namen vom aromatischen Duft, den sie verströmt. Dass dieser allerdings denselben Wirkstoff enthält wie Wal-Ambra – das cis-Abienol – und welches Gen dafür zuständig ist, erkannte erst das Team um Bohlmann. Es untersuchte im Rahmen des "PhytoMetaSyn Project” die Stoffwechselwege, auf denen Pflanzen hochwertige Duftstoffe produzieren, und versucht dann, diese biologischen Herstellungswege nachzubilden.
Ambra wurde schon um 1500 als teurer Duftstoff gehandelt. Das skurrile Material entstammt dem Verdauungstrakt der Pottwale: Wenn sie zu viele unverdauliche Gräten, Tintenfischschnäbel oder Muschelschalen verschluckt haben, würgen sie diese wie eine Katze einen Haarball wieder aus – umgeben von einer grauen, cremigen Masse. Diese schwimmt auf dem Meer und reagiert mit Luft, Licht und Salzwasser über Monate zu einem harten Block, der ans Ufer getrieben wird. Dabei werden auch die Duftstoffe chemisch aufgespalten und umgewandelt, der Geruch wechselt von unangenehm zu balsamisch, holzig und aphrodisierend. Die frühen Parfümeure entdeckten schnell, dass dieser teure und seltene Zusatz eine stabile Basis für ihre Kompositionen bildete, mit dessen Hilfe der Duft auch länger auf der Haut haftet.