Lithium-Schwefel-Akkus: Batterien mit hoher Kapazität halten erstmals über 1000 Ladezyklen aus

Kapselung des Kathodenmaterials nach dem Eidotter-Prinzip verhindert vorzeitigen Zerfall - Materialkombination kann zu höheren Reichweiten von Elektromobilen führen
Nanostrukturierte Elektroden für Lithium-Schwefel-Akkus
Nanostrukturierte Elektroden für Lithium-Schwefel-Akkus
© Stanford University, Yi Cui
Stanford (USA)/Stuttgart - Die Leistung von Lithiumionen-Akkus lässt sich prinzipiell mit neuen Materialien für die Elektroden um ein Vielfaches steigern. Lithium-Schwefel-Module, die theoretisch die fünffache Kapazität im Vergleich zu handelsüblichen Akkus erreichen können, leiden bisher allerdings an einer geringen Haltbarkeit. Dieses Problem konnten nun US-amerikanische Entwickler mit speziell gekapselten Nanopartikeln aus Schwefel für die Kathode beheben. Wie sie in der Zeitschrift „Nature Communications“ berichten, erreichen ihre besten Prototypen noch fast 70 Prozent der ursprünglichen Kapazität nach mehr als 1.000 Ladezyklen.

Bisher litten Lithium-Schwefel-Akkus unter dem Zerfall der Schwefel-Kathode, verursacht durch Ausdehnungseffekte wahrend der Ladezyklen. Daher umhüllten Yi Chi und seine Kollegen vom Department of Material Science and Engineering an der Stanford University kugelförmige Nanopartikel aus Schwefel mit einer hauchdünnen, nur 15 Millionstel Millimeter dünnen Schicht aus Titandioxid. Diese Strukturen verglichen die Forscher mit einem Dottersack, der in Hühnereiern das Eigelb vom Eiweiß abtrennt. Eingesetzt ist erste Prototypen von der Größe flacher Knopfzellen, zerfielen die Schwefelteilchen zwar immer noch teilweise, doch bremste die Hülle aus Titandioxid die unkontrollierte Verteilung der Zerfallsprodukte. Sehr hohe Kapazitätswerte von bis zu 1.000 Amperestunden pro Kilogramm blieben so auch nach hunderten Ladezyklen erhalten. „Wir erreichten damit einen Weltrekord“, sagt Yi Cui. „Diese Arbeit wird den Weg hin zu Batterien mit hohen spezifischen Energien für tragbare Elektronik und Elektroautos ebnen.“

Da sowohl Schwefel als auch Titandioxid zu den sehr günstigen Chemikalien zählen, haben solche Lithium-Schwefel-System ein großes Potenzial für billige und effiziente Lithium-Akkus. Zuvor muss allerdings das Herstellungsverfahren der gekapselten Schwefelteilchen weiter optimiert und an eine großtechnische Produktion angepasst werden. Diese Entwicklung könnte durchaus noch einige Jahre in Anspruch nehmen, bevor Lithium-Schwefel-Akkus die Reichweite von Elektroautos auf über 500 Kilometer mit einer Akkuladung erweitern könnten.

Weltweit ist das Team aus Stanford beileibe nicht das einzige, das vielsprechende Fortschritte bei Lithium-Akkus zu verzeichnen hat. So arbeitet beispielsweise die Chemikerin Yan Yu am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart an Lithium-Akkus mit mikrostrukturierten Anoden aus Zinn, die widerstandfähiger gegenüber dem Zerfall während der Ladezyklen sein und ebenfalls ein Vielfaches der heute erreichbaren Kapazitäten liefern sollen. Parallel fokussiert Peter Bruce von der University of St. Andrews im schottischen Fife seine Forschung auf Lithium-Luft-Akkus, die mit neuen Elektrolyten und einer Gold-Kathode nach bisher 100 Ladezyklen 95 Prozent ihrer hohen Kapazitäten in der gleichen Größenordnung wie die Lithium-Schwefel-Systeme erreichten. Wer mit welcher Materialkombination den Wettlauf um langlebige Stromspeicher für Elektroautos, Smartphones und Laptops gewinnen wird, lässt sich heute noch nicht absehen. Wahrscheinlich ist jedoch, dass mehrere Systeme parallel bis zu Marktreife getrieben werden.

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