Lemuren: Je größer die Horde, desto cleverer das Sozialverhalten

Arten, die typischerweise in größeren Gruppen zusammenleben, können besser einschätzen, ob sie beobachtet werden oder nicht
Lemurenarten aus größeren Sozialverbänden - wie der hier zu sehende Katta -  konnten besser einschätzen, ob sie beobachtet wurden oder nicht, und handelten entsprechend.
Lemurenarten aus größeren Sozialverbänden - wie der hier zu sehende Katta - konnten besser einschätzen, ob sie beobachtet wurden oder nicht, und handelten entsprechend.
© Evan MacLean, Duke
Durham (USA) - Familie und Freunde machen tatsächlich schlauer: Lemurenarten, die in größeren Sozialverbänden leben, können soziale Zusammenhänge deutlich besser einschätzen – etwa wann sie gesehen werden und wann nicht. Unbeobachtet schnappen sie sich eher einen Leckerbissen als wenn sie sich beobachtet wissen, haben US-Anthropologen bei diesen auf Madagaskar und manchen umliegenden Inseln heimischen Feuchtnasenaffen herausgefunden. Solche Fähigkeiten helfen beim Zusammenleben in größeren Gruppen – etwa dabei, sich Futter zu besorgen, ohne daran von anderen Gruppenmitgliedern gehindert werden zu können. Diese Art von sozialer Intelligenz ist unabhängig von der Gehirngröße, berichten die Forscher im Fachblatt „PLOS ONE“.

„Die Daten liefern den Beweis dafür, dass es bei Primaten einen Zusammenhang gibt zwischen der Gruppengröße und sozialer Kognition“, schreiben Evan L. MacLean vom Department of Evolutionary Anthropology an der Duke University und Kollegen. Dies zeige, dass kognitive Evolution möglich ist, ohne dass sich gleichzeitig die Hirngröße verändern muss. Die Forscher hatten eine Reihe von Verhaltensversuchen mit sechs Lemurenarten durchgeführt, die in unterschiedlich großen Sozialverbänden zusammenleben: Der Katta (Lemur catta) lebt in den größten Gruppen von durchschnittlich rund 15 Individuen. Die Gruppengröße von Braunem Maki (Eulemur fulvus) und Mohrenmaki (Eulemur macaco) ist mit etwa acht bis zehn Individuen tendenziell etwas kleiner. Coquerel-Sifaka (Propithecus coquereli) und Schwarzweißer Vari (Varecia variegata) wiederum leben in noch kleineren Gruppen von einzelnen erwachsenen Pärchen bis maximal wenigen Männchen und Weibchen. Der Mongozmaki (Eulemur mongoz) haust typischerweise in Familienverbänden von durchschnittlich lediglich drei Tieren.

Die Anthropologen untersuchten sowohl soziale als auch nichtsoziale kognitive Leistungen der Primaten. Um mit dem Sozialleben zusammenhängende Fähigkeiten beurteilen zu können, testeten sie unter anderem unter verschiedenen Bedingungen, ob die Tiere Leckerbissen von Tellern stibitzen. Zum Beispiel saß je ein Student neben jedem der beiden Teller – einer hatte den Blick auf den Teller gerichtet, der andere nicht. In einem anderen Versuchsaufbau waren entweder die Augen oder der Mund durch eine schwarze Binde verdeckt.

Es stellte sich heraus: Lemurenarten wie der Katta, die für gewöhnlich in größeren Gruppen leben, besaßen ein deutlich stärkeres Gespür für mögliche Zuschauer. Sprangen sie auf den Tisch mit den Tellern, entschieden sie sich deutlich häufiger für den unbeobachteten als für den bewachten Happen. Bei anderen Aufgaben zu nichtsozialen kognitive Fähigkeiten fanden die Forscher dagegen keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppengrößen. Die Bedeutung der schwarzen Binden konnten zudem die wenigsten Tiere einschätzen. Die Ergebnisse zeigen, so die Forscher, dass die typische Größe der sozialen Gruppe vorhersagt, wie gut eine Art bei sozialer Kognition abschneidet, aber nicht bei nichtsozialen Aspekten. Außerdem sei die Hirngröße kein Maß für die Leistungen einer Art.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Group Size Predicts Social But Not Nonsocial Cognition in Lemurs”, Evan MacLean, Aaron Sandel, Joel Bray, Ricki Oldenkamp, Rachna Reddy and Brian Hare; PLOS ONE, http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0066359


 

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