Lebendig begraben: Schweiß und Atem sollen Helfern den Weg weisen

Aufwendige Simulation liefert detaillierte Hinweise für künftige Sensoren, die beim Aufspüren Verschütteter helfen könnten
Leicestershire (Großbritannien )/Dortmund - Nach Katastrophen wie einem Erdbeben könnten künftig auch tragbare chemische Sensorsysteme helfen, Verschüttete zu finden. In einer aufwendigen Simulation hat ein Team europäischer Forscher nun erstmals unter relativ realistischen Bedingungen analysiert, welche Stoffe in menschlichen Ausdünstungen sich besonders gut für den Einsatz dieser Technik eignen. Dazu platzierten sie Freiwillige innerhalb der künstlich erstellten Trümmer eines zusammengebrochenen Gebäudes. In dem Szenario aufgestellte Sensoren spürten charakteristische chemische Verbindungen auf, die zum Beispiel in Atem, Schweiß und Urin enthalten sind und an die Umgebung abgegeben werden. Das Experiment bestätigt Kohlendioxid, Ammoniak und Aceton als brauchbare Merkmale für die Suche nach eingeschlossenen Menschen, berichten die Forscher im "Journal of Breath Research".

"Dies ist die erste wissenschaftliche Studie über Sensorsysteme, die eingeschlossene Menschen erkennen können", erläutert Studienleiter Paul Thomas von der Loughborough University in Leicestershire. "Die Entwicklung eines tragbaren Gerätes, das auf der Basis von Stoffwechselprodukten in Atem, Schweiß und Haut arbeitet, könnte einige Vorteile gegenüber bisherigen Techniken besitzen." Es könne etwa direkt am Einsatzort ohne die Unterstützung eines Labors genutzt werden und Lebenszeichen über längere Zeiträume registrieren. Rettungshunde und ihre Führer dagegen benötigen häufige und lange Pausen und begeben sich selbst in unmittelbare Gefahr. Thomas hatte unter anderem in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus Griechenland, Rumänien und von der Universität Dortmund eine Simulation eines zusammengebrochenen modernen Gebäudes aus Glas und Beton erstellt. Der künstliche Trümmerhaufen entsprach einer echten Unglücksstelle - er enthielt sowohl Bereiche, in denen Faktoren wie Feuchtigkeit, Temperatur und Luftaustausch stabil geblieben waren, als auch Abschnitte, die nur noch aus Schutt bestanden, sowie Hohlräume, in denen Verschüttete eine Überlebenschance haben.

Acht Freiwillige schafften es, über einen Zeitraum von insgesamt fünf Tagen jeweils sechs Stunden lange Intervalle in dem gestellten Katastrophenszenario zu verbringen und damit den Ernstfall zu simulieren. Alle 30 Minuten wurden die Probanden dabei nach ihrem Befinden befragt. Die zahlreichen in der Simulation verteilten Sensoren entdeckten mit hoher Empfindlichkeit Kohlendioxid, Ammoniak und auch flüchtige Substanzen wie Aceton - alles Hinweise auf die Testpersonen. Damit zeigt der Versuchsaufbau, dass diese Verbindungen sich gut als Indikator eignen, um unter Schutt und Trümmern Eingeschlossene aufzuspüren. Genauere Untersuchungen sind allerdings noch notwendig, schreiben die Forscher, um einige der beobachteten Details besser verstehen zu können. So ist etwa der Einfluss der von den Trümmern absorbierten Feuchtigkeit auf diese Verbindungen zu berücksichtigen. Zudem sinkt die freigesetzte Menge Ammoniak, wenn ein Verschütteter schläft, während mit zunehmendem Hunger mehr Aceton entsteht.

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Quelle: "The trapped human experiment", R. Huo et al.; Journal of Breath Research, doi:10.1088/1752-7155/5/4/046006


 

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