Laubenvögel werben mit optischer Täuschung

Die Männchen gestalten die Lauben, in denen sie ihre Angebeteten empfangen, mit einem optischen Trick, der so genannten erzwungenen Perspektive
Geelong (Australien) - Mit wahnwitzig aufwändigen Konstruktionen wollen Laubenvogelmännchen ihre Angebeteten beeindrucken. Sie bauen komplexe Nester und dekorieren diese mit zahlreichen Accessoires. Doch die liebevollen Aufbauten sind offenbar noch um einiges komplexer als bislang angenommen: Die Vögel ordnen ihre Deko-Gegenstände sogar der Größe nach an, haben australische Biologen nun beobachtet. So erschaffen die Männchen eine regelrechte Theaterbühne mit einer so genannten erzwungenen Perspektive, berichten die Forscher im Fachblatt "Current Biology". Diese optische Täuschung verändert die Größenwahrnehmung des Beobachters - in diesem Fall die des Weibchens.

"Graulaubenvögel sind die ersten bekannten Tiere außer dem Menschen, die eine Szene mit einer veränderten visuellen Perspektive für die Beobachtung durch ein anderes Individuum kreieren", erläutert John Endler von der Deakin University in Geelong. Der optische Trick wird für gewöhnlich etwa in Film, Fotografie oder auch in der Architektur, zum Beispiel in Vergnügungsparks, genutzt, um Teile einer Szene größer erscheinen zu lassen als sie es eigentlich sind. Die Graulaubenvögel scheinen allerdings den umgekehrten Effekt zu nutzen und lassen ihre Bühne kleiner wirken. Die Männchen erschaffen aus zahlreichen Stöcken nicht nur eine Laube, sondern auch einen Zugang, der sich zu einem Innenhof öffnet und über den die Weibchen das Gemach betreten. Damit gehen die Vögel sicher, dass ihre Angebeteten die von ihnen geschaffene Szene aus einem ganz bestimmten Blickwinkel sehen - und genau aus diesem Blickwinkel greift die erzwungene Perspektive.

Endler und seine Kollegen hatten Graulaubenvögel (Chlamydera nuchalis) und ihre Nestbauten studiert. Die Grundlage für die Dekoration der aus Stöckchen erbauten Laube bilden dabei graue und weiße Objekte: etwa Kieselsteine, Knochen, Muscheln und Schnecken. Den Biologen fiel auf, dass bisher etwas ganz Verblüffendes stets übersehen worden war: Die Männchen ordnen die Objekte für die "Grundierung" des Werkes der Größe nach - kleinere Steine nach vorne, größere nach hinten. Dadurch wirkt der Hof kleiner. Dieser Effekt funktioniert nur aus einem bestimmten Blickwinkel - eben dem, aus dem das Weibchen über den Zugang die Laube betritt. Die Forscher vermuten, dass die explizite Anordnung daher bislang immer übersehen wurde.

Dass es sich dabei keineswegs um einen Zufall handelt, sondern die Männchen ihr Kunstwerk tatsächlich penibel gestalten, konnten die Biologen mit einem einfachen Versuch nachweisen: "Wenn wir den Gradienten umdrehten - kleinere Objekte weiter weg und größere näher an den Zugang legten - setzten die Vögel den Gradienten in drei Tagen wieder zurück", erzählt Endler. Was genau die Laubenvogelmännchen mit der zu einer optischen Täuschung führenden Anordnung, bezwecken, wissen die Forscher noch nicht. Es könnte etwa eine Rolle spielen, dass die komplexen Konstruktionen ein Indikator für die kognitiven Fähigkeiten der Männchen sind und damit den Weibchen einen Anhaltspunkt bei der Partnerwahl geben. Zudem sei laut Endler denkbar, dass die Weibchen durch den optischen Trick die Bühne des Männchens als kleiner wahrnehmen als sie tatsächlich ist und das Männchen damit größer wirkt - vorausgesetzt, die Vögel sehen die Dinge auf dieselbe Weise wie der Mensch.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Great Bowerbirds Create Theaters with Forced Perspective When Seen by Their Audience", John A. Endler et al.; Current Biology (doi:10.1016/j.cub.2010.08.033)


 

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