Kuschelhormon mit Langzeiteffekt

Oxytocin macht die geliebte Frau für Männer attraktiver und könnte dadurch auch für eine länger andauernde Paarbindung sorgen
Oxytocin spielt bei Liebesbeziehungen eine wichtige Rolle.
Oxytocin spielt bei Liebesbeziehungen eine wichtige Rolle.
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Bonn - Oxytocin ist ein sehr vielseitig wirksames Hormon. Es löst Geburtswehen aus, regt die Milchdrüsen an, verstärkt die Bindung zwischen Mutter und Kind, aber auch die Verbindung zwischen Mann und Frau. Außerdem baut es Stress ab und stärkt das Vertrauen zu anderen Menschen. Jetzt bestätigen deutsche Forscher die mögliche Bedeutung dieses Botenstoffs auch für länger andauernde Paarbindungen. Nach Behandlung mit Oxytocin erschienen den männlichen Testpersonen Portraitfotos ihrer Partnerin deutlich attraktiver als nach Verabreichung eines Placebos. Gleichzeitig verstärkte das Hormon beim Anblick der geliebten Frau Aktivitäten in Belohnungszentren des Gehirns, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)”. Möglicherweise festigt Oxytocin sowohl sexuelle Beziehungen als auch andere soziale Bindungen, indem es unterschiedliche Hirnregionen aktiviert.

„Oxytocin könnte beim Prozess der Paarbindung im ersten Stadium der romantischen Liebe eine wesentliche Rolle spielen“, schreiben René Hurlemann und seine Kollegen von der Universität Bonn. Diese Anfangsphase dauert etwa ein halbes Jahr. Darauf folgt eine mehrjährige Phase der leidenschaftlichen Liebe, welche schließlich in eine mehr kameradschaftliche Form der Beziehung übergeht, so die Autoren. Die Teilnehmer ihrer Studie waren 20 Männer im Alter von durchschnittlich 26 Jahren. Sie hatten seit knapp drei Jahren eine feste Beziehung zu einer Frau, befanden sich also in der zweiten Phase der Paarbindung, charakterisiert durch verringerte Anfangseuphorie bei noch anhaltender Leidenschaft.

In einer Doppelblindstudie verabreichten die Forscher den Testpersonen per Nasenspray Oxytocin oder ein Placebo. Eine halbe Stunde später zeigten Hirnscans mittels funktioneller Kernspintomographie (fMRI), wie sich die Durchblutung verschiedener Gehirnregionen veränderte, wenn die Männer Fotos ihrer Freundin oder Fotos fremder Frauen betrachteten. Die Bilder der fremden Frauen waren zuvor von jeweils zehn anderen Männern ausgewählt und als ähnlich attraktiv eingestuft worden, wie das der Partnerin. Nach den Hirnscans beurteilten die Probanden die Attraktivität der Frauen auf allen Fotos anhand einer Skala von 0 bis 100.

Unter dem Einfluss von Oxytocin löste das Foto der Geliebten stärkere Reaktionen im Nucleus accumbens und anderen Belohnungszentren des Gehirns aus als mit dem Placebo. Gleichzeitig bewirkte das Hormon, dass die Männer die Attraktivität der geliebten Frau positiver beurteilten. In einer zweiten Versuchsreihe verglichen die Forscher die Wirkung von Fotos der Freundin mit der von Portraits einer anderen gut bekannten, aber nicht verwandten Frau. Zwar verstärkte das Oxytocin in beiden Fällen die positiven Hirnscan-Effekte, das Ausmaß war aber beim Betrachten der geliebten Person deutlich größer.

Aus ihren Ergebnissen schließen die Wissenschaftler, dass bei Männern eine verstärkte Oxytocinproduktion zu einer länger andauernden Partnerbindung beitragen könnte, indem die Partnerin im Vergleich zu anderen Frauen attraktiver erscheint. Das könnte im Lauf der menschlichen Evolution die Entwicklung fester Zweierbeziehungen und eine gemeinsame Betreuung der Kinder sowie kooperatives Gruppenverhalten begünstigt haben. Die Forscher halten es für durchaus möglich, in Zukunft Liebesleid und Kummer nach dem Tod einer geliebten Person vielleicht durch Oxytocin behandeln zu können.

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