Kühlender Lack aus Glas

Forscher entwickeln einen neuartigen und kostengünstigen Lack, der metallische Oberflächen selbst unter starkem Sonnenlicht kühl hält
Testplättchen: Den neuartigen Glas-Lack gibt es je nach Pigmentierung in verschiedenen Farbtönen.
Testplättchen: Den neuartigen Glas-Lack gibt es je nach Pigmentierung in verschiedenen Farbtönen.
© Benkovski et al. Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory:
Laurel (USA) - Ohne die Sonne gäbe es kein Leben, doch ihre UV-Strahlen besitzen zerstörerische Kraft. Oberflächen werden spröde, Lacke und Farben bleichen aus. Autotüren und metallische Geländer werden so heiß, dass man sie nicht mehr berühren kann. Diesem Problem widmeten sich amerikanische Wissenschaftler, die einen neuartigen Lack aus Glas entwickelt haben. Die Beschichtung reflektierte effizient Sonnenstrahlen und soll Oberflächen vor Erhitzung und Korrosion schützen. Das Forscherteam stellte seine Erfindung auf der Jahrestagung der American Chemical Society (ACS) in Boston vor.

„Erhöht man die Temperatur eines beliebigen Materials, altert es fast immer deutlich schneller als sonst“, erklärt Jason Benkoski, leitender Wissenschaftler am Johns Hopkins Applied Physics Laboratory und Erfinder des neuen Lacks. Wenn man mit einer Beschichtung eine sonnenbeschienene Oberfläche bei nahezu Lufttemperatur hält, könnte man Korrosion und andere Arten der Zersetzung verlangsamen. Genau dieses Ziel erreichten Benkoski und sein Team mit einem Siloxan-Lack, der kühl bleibt, indem er das Sonnenlicht reflektiert und Wärme effizienz abstrahlt.

Um diese Eigenschaften zu realisieren, experimentierten die Wissenschaftler mit Siliziumdioxid oder kurz Quarz. Es ist der Hauptbestandteil von Glas und kommt in nahezu unerschöpflichen Mengen auf der Erde vor. Benkoski modifizierte nun das Siliziumdioxid, so dass daraus ein mit Zinkoxid angereichertes Kalium-Silikat wurde. In Wasser verteilt erhielt er einen Lack mit den erwünschten optischen Eigenschaften: er absorbierte nur wenig Sonnenlicht, konnte aber Wärme sehr gut abstrahlen.

Benkoskis Messungen zeigten, dass mit dem Lack bemalte Aluminiumplättchen kaum wärmer als die Umgebungstemperatur wurden. Bei einer weißen Beschichtung sank die Temperatur des Metalls sogar darunter. Mit Pigmenten waren auch dunklere Farbtöne ohne große Erhitzung der Oberfläche möglich. Dabei ließ sich der UV-beständige Lack, der etwa drei Stunden lang flüssig blieb, gut verarbeiten. „Das gibt einem genug Zeit, die Sprühfarbe aufzutragen, doch sobald der Lack trocknet, ist das unumkehrbar. Er löst sich nicht mehr auf“, sagt Benkoski. Anders als herkömmliche Farben und Lacke aus Polymeren ist sein gläserner Lack fast vollständig anorganisch. „Das ist fast so, als würde man das Metall mit einem Stein übermalen. Und das wird lange halten – nicht zehn, sondern vielleicht hundert Jahre.“

Das hat Vorteile für die Umwelt. Denn Lösungsmittel konventioneller Polymer-Lacke erzeugen gesundheits- und umweltschädliche organische Verbindungen. Im Gegensatz dazu wird der Glas-Lack auf Wasserbasis gemischt. Da er hauptsächlich aus Siliziumdioxid besteht, lässt er sich zudem günstig herstellen. Die Verwendungsmöglichkeiten sind sehr vielfältig: In heißen Regionen könnten Hausdächer damit angestrichen werden, um Kosten und den hohen Strombedarf für die Klimatisierung zu senken. Auch an Autos oder auf Kriegsschiffen könnte der Lack zum Einsatz kommen. Und nicht zuletzt würden Metall-Rutschen auf Spielplätzen nicht mehr unangenehm heiß werden. Bis das Produkt auf den Markt kommt, kann es allerdings noch eine Weile dauern. Laut Jason Benkoski wird sein Team in etwa zwei Jahren mit der Testphase beginnen.

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