Kühlen mit verdrehten Fasern

Twistokalorischer Effekt als mögliche Alternative zu herkömmlichen Kühlprozessen.
Verdrillte Fasern zeigen beim Aufdrehen einen verblüffend starken Kühleffekt.
Verdrillte Fasern zeigen beim Aufdrehen einen verblüffend starken Kühleffekt.
© University of Texas at Dallas
Dallas (USA) - Fast alle Kühlschränke nutzen ein Kühlmittel, das sich in einem geschlossenen Kreislauf ausdehnt und danach wieder mit einem Kompressor komprimiert wird. Für diesen Prozess benötigen weltweit alle Klimaanlagen und Kühlgeräte etwa ein Fünftel der globalen Stromproduktion. Auf der Suche nach effizienteren Kühlmethoden fokussierten sich nun amerikanische und chinesische Wissenschaftler auf den schon lange bekannten elastokalorischen Effekt. Dabei kühlten sich mechanisch eng verdrillte Fasern beim Ausdrehen um bis zu 20 Grad ab. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, konnten sie mit einem ersten Prototyp eines „Twist-Kühlschranks“ einen dünnen Wasserstrahl um knapp acht Grad abkühlen.

„Das elastokalorische Verhalten etwa von Naturgummi ist seit dem frühen 19. Jahrhundert bekannt“, sagt Ray Baughman von der University of Texas at Dallas. Doch für einen spürbaren Kühleffekt waren bisher sehr starke Dehnungen des Materials nötig. Effizienter zeigten sich nun mehrfach ineinander verdrillte Fasern aus Nylon, Gummi oder einer Nickeltitan-Legierung. Wurden Fasern aus Nickeltitan mit bis zu 50 Verdrehungen pro Zentimeter innerhalb einer Sekunde entspannt und auseinander gedreht, kühlte sich ihre Oberfläche um bis zu 20 Grad ab. Gummifasern kühlten um bis zu 16 Grad und Nylonfasern immerhin noch um gut fünf Grad ab.

„Wir entdeckten, dass verdrillte Fasern beim Ausdrehen von einer Phase mit geringer Entropie in eine Phase mit hoher Entropie wechselten“, erklärt Zunfeng Liu von der Nankai University in Tianjin den physikalischen Hintergrund des Kühleffekts. Mit dem wirksamsten Faser aus Nickeltitan konstruierten die Forscher auch ein kleines Kühlgerät, mit dem sie einen rinnenden Wasserstrahl um 7,7 Grad abkühlen konnten. „Wenn man die Fasern noch schneller verdrillt und wieder entspannt, ist noch eine stärkere Kühlung möglich“, sagt Liu.

Zusätzlich konnten die Forscher dank einer geschickten Verdrillungsmethode den „twistokalorischen Effekt“ sogar umdrehen. „Wir erhielten so Fasern, die sich beim Dehnen abkühlten“, sagt Baughman. Das sei sehr ungewöhnlich, da sich die Materialien normalerweise bei Dehnung erwärmten. In weiteren Schritten können nun weitere Kühlmodule aus verdrillten Fasern entstehen. Wichtig wird dabei die exakte Bestimmung des Wirkungsgrads dieser Kühlmethode sein. Also das Verhältnis von mechanischer Energie für das Verdrillen der Fasern zum nutzbaren Kühleffekt. Baughman und Kollegen halten es für möglich, dass die Effizienz signifikant besser sein könnte als bei herkömmlichen Kühlkreisläufen.

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