Kühlen mit plastischen Kristallen

Neues Material bietet eine effiziente Alternative zu heutigen Kühlprozessen
Simulation der molekularen Struktur der plastischen Kristallen.
Simulation der molekularen Struktur der plastischen Kristallen.
© Bing Li et al., SYNL / NPG
Shenyang (China) - Kühlschränke und Klimaanlagen benötigen heute ein gutes Viertel der globalen Stromproduktion. Der Kühlprozess basiert auf der Verdichtung und Ausdehnung eines wechselnd gasförmigen und flüssigen Kühlmittels. Mit plastischen Kristallen entdeckten nun chinesische Materialforscher eine effiziente Alternative. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, lässt sich über das Zusammenpressen und Ausdehnen verformbarer, plastischer Kristalle eine Kühlung von etwa 50 Grad erreichen. Dieses Prinzip der Festkörperkühlung könnte kleine Aggregate ermöglichen, um Computerprozessoren zu kühlen. Zudem bieten sie das Potenzial, in Zukunft klimaschädliche Kühlmittel überflüssig zu machen.

Für ihre Versuche wählten die Forscher um Bing Li vom Shenyang National Laboratory for Materials Science das vollsynthetische, organische Material Neopentylglycol. Knapp unter Raumtemperatur bildeten die organischen Moleküle in diesem Festkörper eine ungeordnete Struktur. Wurde Neopentylglycol jedoch mit relativ geringen Drücken von bis zu 45 Megapascal gepresst, ordneten sich die Moleküle über Drehbewegungen zu einer symmetrischen, kristallartigen Struktur um. Dabei erwärmte sich das Material. Nachdem diese Wärme abgeführt und der Druck reduziert wurde, entstand wieder die ursprüngliche, molekulare Unordnung. Bei diesem Prozess kühlte es um bis zu 50 Grad ab. „Dieser barokalorische Effekt des Materials bietet eine vielversprechende Alternative zu konventionellen Kompressionskreisläufen“, sagt Bing Li.

Physikalisch beruht diese große Kühlwirkung auf der variablen Entropie des Materials, einem Maß für die innere Unordnung. Je höher die Entropie, desto weniger Ordnung liegt vor. Über das Zusammenpressen des plastischen Kristalls konnten die Forscher die Entropie drastisch reduzieren. Mit 389 Joule pro Kilogramm und Grad zeigte es einen deutlich größeren barokalorischen Effekt als viele andere bisher untersuchte Materialien. Ohne äußeren Druck nahm die Entropie wieder zu und parallel kühlte das Material ab.

Plastische Kristalle aus Neopentylglycol zeigen ein großes Potenzial für eine effiziente Festkörperkühlung. Je nach Größe könnte es für kleine Computerchips oder auch in großen Kühlschränken genutzt werden. Zudem ist es günstig herstellbar. Bevor erste Kühlschränke mit plastischen Kristallen entstehen, müssen aber noch die Stabilität auf lange Zeiträume optimiert und ein nachlassender Kühleffekt nach vielen Druckzyklen beseitigt werden.

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