Kriechende Salzkristalle

Genaue Analyse der Kristallbildung könnte zu einem wirksamen Schutz antiker Wandfresken führen
Filigran strukturierte Salzkrusten kristallisieren an einem Glasstab aus.
Filigran strukturierte Salzkrusten kristallisieren an einem Glasstab aus.
© M.J. Qazi; H. Salim; C.A.W. Doorman; N. Shahidzadeh
Amsterdam (Niederlande) - In feuchter Umgebung können wachsende Salzkrusten Batterien, elektronische Schaltkreise oder wertvolle Wandfresken zerstören. Eine Gruppe niederländischer Forscher analysierte nun genau, wie und unter welchen Bedingungen Salze kristallisieren und entgegen der Schwerkraft nach oben wandern. Ihre Ergebnisse und eine wirksame Methode gegen die unerwünschten Salzschichten stellen die Wissenschaftler nun in der Fachzeitschrift „Science Advances“ vor.

Noushine Shahidzadeh und ihre Kollegen von der Universität Amsterdam betrachteten Lösungen verschiedener, weit verbreiteter Salze: Kochsalz, Kaliumchlorid und Natriumsulfat. In diese Salzlaugen stellten sie jeweils einen fünf Millimeter durchmessenden Glasstab. Abhängig von der Luftfeuchtigkeit bildete sich an diesen Glasstäben eine körnige Salzkruste. Diese breitete sich innerhalb einiger Stunden immer weiter nach oben aus. Das kriechende Wachstum der Salzkristalle ist vor allem für Fresken gefährlich, wenn sich die salzige Krusten unterhalb des bemalten Wandputz ausbreiten.

Bei Raumtemperatur und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 40 Prozent bildete sich aus keiner der untersuchten Salzlaugen eine Kruste. Doch bei deutlich trockener Luft mit nur noch sechs Prozent Feuchtigkeit setzte bei allen Salzen die Kristallbildung ein. Mit zunehmender Verdunstung kroch die Salzkruste am Glasstab empor. Wichtig bei diesem Kristallwachstum zeigte sich ein kritischer Kontaktwinkel zwischen Glasstab und dem Meniskus der Salzlauge. Erst wenn dieser Winkel kleiner als 23 Grad war, wanderte die Salzlauge durch Kapillarkräfte angetrieben am Glassstab nach oben und kristallisierte zu einer filigran strukturierten Salzkruste aus.

„Je kleiner die Oberflächenspannung der Salzlösung war, desto kleiner war der kritische Winkel, ab dem das Salzwachstum einsetzte“, sagt Noushine Shahidzadeh. Mit dieser Erkenntnis fand sie auch einen Weg, um die Kristallisation effektiv zu verhindern. Schon geringe Mengen des Emulgators Polysorbat 80 – in der EU als Lebensmittelzusatz zugelassen – reduzierten die Oberflächenspannung der Laugen. Die Folge: selbst bei geringer Luftfeuchte bildeten sich keine Salzkristalle mehr. So könnte selbst in trockener Luft und bei hohen Verdunstungsraten das Wachstum kriechender Salzkrusten vermieden werden. Eine Erkenntnis, von der vor allem Restauratoren Jahrhunderte alter Wandfresken profitieren könnten.

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