Krebstherapie kann Metastasen fördern

Schädigung der Tumor-Blutgefäße durch Medikamente begünstigt Ausbreitung der Krebszellen
Schematische Darstellung der Entwicklung von Metastasen
Schematische Darstellung der Entwicklung von Metastasen
© U. S. National Cancer Institute
Boston (USA) - Nicht der Tumor selbst, sondern seine Ausbreitung im Körper verursacht den tödlichen Verlauf vieler Krebserkrankungen. Ob sich Metastasen bilden oder nicht, hängt sehr vom Zustand der Blutgefäße ab, die den Tumor versorgen, berichten jetzt amerikanische Mediziner. Werden die Wände der Kapillaren nicht ausreichend durch Bindegewebszellen, sogenannte Pericyten, stabilisiert, verschlechtert sich einerseits die Durchblutung des Krebsgewebes, was das Tumorwachstum bremst. Andererseits werden dadurch aber gleichzeitig Reaktionen ausgelöst, die eine Ausbreitung von Krebszellen begünstigen. Den Erfolg einer Therapie darf man daher nicht allein am Tumorwachstum ablesen, schreiben die Forscher im Fachblatt „Cancer Cell”.

„Wenn die stabilisierenden Pericyten fehlen, werden die Blutgefäße im Tumorinneren noch schwächer und durchlässiger, als sie sowieso schon sind, und das verringert die Sauerstoffversorgung des Tumors“, sagt Raghu Kalluri vom Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston, der Leiter des Forscherteams. Sauerstoffmangel löse in den Krebszellen ein genetisches Überlebensprogramm aus, das unter anderem ihre Beweglichkeit erhöht, so der Wissenschaftler. Dadurch können die Zellen die löchrigen Gefäßwände durchdringen und leichter zu anderen Körperregionen gelangen, wo sie neue Tumoren bilden. Dieser Zusammenhang erklärt, warum Brustkrebspatientinnen mit geringer Pericytenzahl im Tumor eher an der Krankheit sterben.

Die Forscher untersuchten zunächst genetisch veränderte Mäuse mit Brustkrebstumoren, bei denen die Pericytenzahl der Blutgefäße um 60 Prozent verringert war. Dadurch entwickelten sich die Tumoren innerhalb von 25 Tagen zu einer um 30 Prozent geringeren Größe als bei normalen Mäusen. Gleichzeitig hatten diese Tiere aber auch eine dreifach erhöhte Zahl von Lungenmetastasen. Dieses Ergebnis ist von großer Bedeutung für Krebstherapien, die darauf abzielen, das Wachstum von Blutgefäßen, die Angiogenese, zu hemmen. Einige Krebsmittel greifen auch die Pericyten in den Tumorgefäßen an. Die Forscher behandelten Mäuse, denen verschiedene Tumorarten verpflanzt worden waren, mit den Krebsmedikamenten Imatinib und Sunitinib. Danach sank die Perizytenzahl um 70 Prozent und die Häufigkeit von Metastasen stieg auf das Dreifache.

Schließlich untersuchten die Mediziner die Blutgefäße in 130 Gewebeproben von menschlichen Brusttumoren auf den Gehalt an Pericyten. Dieser war tatsächlich bei solchen Patientinnen besonders niedrig, die auch viele Metastasen gebildet hatten und deren Zehnjahres-Überlebensrate gering war. Die erst jetzt erkannte, vor Metastasen schützende Funktion der Pericyten sollte also bei einer Krebstherapie nicht geschwächt werden, sondern erhalten bleiben. Die Analyse des Pericytengehalts in Tumorproben sei auch ein nützliches diagnostisches Verfahren, so die Forscher. Es könne helfen, um eine individuelle Prognose zu erstellen und die am besten geeignete Therapie zu wählen.

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Quelle: „Pericyte Depletion Results in Hypoxia-Associated Epithelial-to-Mesenchymal Transition and Metastasis Mediated by Met Signaling Pathway”, Cooke et al.; Cancer Cell, DOI: 10.1016/j.ccr.2011.11.024


 

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