Kopf oder Schwanz - das ist hier die Frage

Hochgiftige Seeschlange gaukelt mit ihrer Schwanzspitze einen zweiten Kopf vor und hält so potenzielle Angreifer auf Abstand
Kopenhagen (Dänemark) - Bissiger Kopf oder harmloser Schwanz? Bei der hochgiftigen gestreiften Seeschlange Laticauda colubrina ist diese scheinbar einfache Frage gar nicht so leicht zu beantworten. Denn Farbe, Muster und Bewegungen des Schwanzes lassen ihn mitunter dem Kopf täuschend ähnlich sehen, hat ein dänisch-schwedisches Forscherduo entdeckt. Wenn sich die Schlange frei schwimmend fortbewegt, ist durchaus klar erkennbar, wo vorne und hinten ist. Sucht sie dagegen zwischen Korallen und Felsspalten nach Futter, sind vorderes und hinteres Ende kaum zu unterscheiden, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt "Marine Ecology".

"Eine solche Anpassung hat einen doppelten Wert", erklärt Arne Redsted von der Königlichen Dänischen Akademie für Bildende Künste. "Sie kann die Chancen erhöhen, dem Angriff eines Räubers zu entgehen, indem ein weniger lebensnotwendiges Körperteil exponiert wird. Viel wichtiger ist aber, dass ein Angreifer von vorneherein abgeschreckt werden könnte, wenn er den Schwanz als den Kopf der Giftschlange wahrnimmt." Entdeckt hatte er den verwirrenden Trick der Seeschlange beim Tauchen vor einer indonesischen Insel. Etwa 30 Minuten lang verfolgte und beobachtete er ein großes Exemplar, das zwischen Korallen und Felsen auf Futterjagd war. Kurz von einer anderen Schlange abgelenkt, war Redsted verblüfft, als er nach der Ablenkung beobachtete, wie die Seeschlange ihm plötzlich den Kopf zuzuwenden schien, während sie mit dem Schwanz die Korallen erkundete. Erst als sie wieder weiter zog stellte er fest, dass der vermeintliche Kopf in Wirklichkeit der Schwanz war.

Von dieser Beobachtung neugierig geworden untersuchte Redsted gemeinsam mit Johan Elmberg von der schwedischen Universität Kristianstad 98 Exemplare aus Museumssammlungen in Paris, Berlin und Kopenhagen. Außerdem beobachteten sie weitere Seeschlangen in freier Wildbahn. Sie konnten bestätigen: Alle Schlangen dieser Art haben tatsächlich eine auffällige gelbe, hufeisenförmige Zeichnung an der Schwanzspitze, die der am Kopf gleicht. Sie vermuten hinter diesem täuschenden Muster in erster Linie eine Verteidigungsstrategie, die der Seeschlange dient, während sie auf der Jagd ist. Dann ist sie nämlich mitunter, wenn ihr Kopf etwa in Felsspalten oder Korallen steckt, trotz ihrer Giftigkeit leicht angreifbar und damit schnelle Beute für Haie, größere Fische oder Seevögel.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "'Head for my tail': a new hypothesis to explain how venomous sea snakes avoid becoming prey", Rasmussen, Elmberg; Marine Ecology, (DOI:10.1111/j.1439-0485.2009.00318)


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg