König - ein lebensgefährlicher Job

Knapp ein Viertel der europäischen Monarchen, die zwischen 600 und 1800 regierten, kam gewaltsam zu Tode
Cambridge (Großbritannien) - Krone und Szepter zu tragen, war bis ins 18. Jahrhundert nicht nur ein Privileg: Die Königswürde innezuhaben, war statistisch gesehen gefährlicher als der Kampfeinsatz eines heutigen Soldaten. Fast ein Viertel der europäischen Monarchen kam bis zum Ende der Frühen Neuzeit gewaltsam zu Tode, wie ein Kriminologe der University of Cambridge jetzt im "British Journal of Criminology" darlegt.

Die Biografien von mehr als 1500 Monarchen aus 45 Königreichen zwischen 600 und 1800 hat Manuel Eisner von der Cambridge University analysiert. Dabei fand er heraus, dass 22 Prozent aller königlichen Todesfälle blutig waren. Die betroffenen Könige kamen durch Unfälle oder auf dem Schlachtfeld ums Leben oder wurden ermordet. 15 Prozent aller Monarchen fielen einem direkten Mordanschlag zum Opfer.

"Die Rate von 15 Prozent entspricht 10 Morden auf je 1000 Lebensjahre als Monarch - das ist mehr als die Totschlagsrate in den gefährlichsten Gebieten der heutigen Welt", erklärt Manuel Eisner. "Diese Rate ist auch höher als bei Kampfhandlungen von Soldaten in heutigen Kriegen. Das zeigt, wie brutal die Rivalität um die Herrschaft im historischen Europa unter den politischen Eliten war."In den allermeisten Fällen ging es um die Thronfolge oder um die - illegitime - Übernahme des Throns. So wurde der byzantinische Kaiser Nikephoros II, der selbst durch Gewalt an die Macht gekommen war, von seinem General Johannes Tzimiskes 969 in seinem Schlafgemach ermordet. An zweiter Stelle kamen die Königsmorde durch Herrscher in benachbarten Reichen, die sich dadurch territorialen Gewinn versprachen. Und schon an dritter Stelle standen Morde wegen Beleidigungen. So wurde Albert I. im Jahr 1308 von seinem Neffen Johann von Schwaben umgebracht, weil er sich von Albert während eines Banketts bloßgestellt gefühlt hatte. Besonders bedroht waren außerdem Könige, die im Kindesalter zur Königswürde kamen.

"Nach dem 16. Jahrhundert wurde es immer unüblicher, einen Machtwechsel auf dem Königsthron durch die Ermordung des betreffenden Monarchen zu organisieren. Wenn es dennoch geschah, dann erforderte dies einen erheblichen juristischen Rechtfertigungsaufwand, so wie bei Karl I. von England, der [nach einer Anklage wegen Hochverrats] 1649 hingerichtet wurde", erklärt Eisner. "Königsmorde, die durch Ideologie und Radikalismus motiviert waren, setzten sich bis ins frühe 20. Jahrhundert fort."

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Quelle: "Patterns of Regicide in Europe, AD 600-1800", Manuel Eisner, British Journal of Criminology, Januar 2011, im Druck


 

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