Klischee widerlegt: Einzelkinder finden sehr wohl Freunde

Amerikanische Studie zeigt: Jugendliche, die ohne Geschwister aufwachsen, werden genauso oft als Freunde auserwählt wie Altergenossen, die mit Geschwistern groß werden
Atlanta (USA) - Einzelkinder haben es schwerer, Freunde zu finden? Dieses Klischee konnten amerikanische Soziologen in einer umfangreichen aktuellen Studie nicht bestätigen. Ihrer Untersuchung zufolge sind Jugendliche, die ohne Geschwister aufwachsen, keineswegs im Nachteil, wenn es um soziale Fähigkeiten geht. Sie werden von ihren Altersgenossen genauso oft als Freunde gewählt wie Geschwisterkinder, berichteten die Forscher auf der Jahrestagung der American Sociological Association in Atlanta.

"Ich denke nicht, dass sich irgendjemand Sorgen machen muss, dass man die sozialen Fähigkeiten, die man braucht, um in der High-School mit anderen Schülern zurecht zu kommen, nicht erlernen wird, wenn man keine Geschwister hat", beruhigt Donna Bobbitt-Zeher von der Ohio State University. "In keiner Kombination, die wir testeten, hatten Geschwister Einfluss darauf, wie beliebt ein Schüler unter seinen Altergenossen war." An mehr als 100 Schulen hatten Bobbitt-Zeher und ihre Kollegen insgesamt mehr als 13.000 Teenager der Stufen 7 bis 12 gebeten, aus einer Liste aller Schüler bis zu fünf anzugeben, mit denen sie befreundet sind.

Im Schnitt wurden Jugendliche von fünf ihrer Mitschüler als Freund benannt. Es gab dabei keine merklichen Abweichungen zwischen jenen mit und jenen ohne Geschwister. Auch wenn die Forscher eine Reihe weiterer Faktoren wie etwa Stiefgeschwister, Halbgeschwister, adoptierte Geschwister, Patchworkfamilien oder auch sozioökonomischen Status, Herkunft oder das Alter der Eltern in ihre Analysen einbezogen, konnten sie keinen Unterschied in der Beliebtheit von Einzel- und Geschwisterkindern feststellen.

Der Mythos vom sozial unverträglichen Einzelkind gerät durch diese Ergebnisse ins Wanken. Zwar hatte sogar eine Studie an Kindergärten von Douglas Downey, einem der Co-Autoren der aktuellen Studie, erst 2004 ergeben, dass Einzelkinder weniger gut entwickelte soziale Fertigkeiten mitbringen als Geschwisterkinder und schlechter Anschluss finden. Doch in jener Untersuchung waren die Erzieher befragt worden und nicht, wie in der neuen Studie, die Kinder selbst. Zudem hält es Bobbitt-Zeher für sehr wahrscheinlich, dass Einzelkinder in Kindergarten- und Schulzeit viel dazulernen. "Kinder interagieren in der Schule, sie nehmen an außerschulischen Aktivitäten teil und es gibt Sozialisierung innerhalb und außerhalb der Schule", erläutert die Soziologin. "Jeder, der die Interaktion mit Altersgenossen zu Hause mit Geschwistern nicht hat, erhält vielfältige Gelegenheiten, soziale Fähigkeiten zu entwickeln, wenn er die Schulzeit durchläuft."

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: Ohio State University


 

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