Klimawandel schadet europäischen Zugvögeln

Der vorgerückte Frühlingsbeginn führt dazu, dass Zugvögel zu spät eintreffen und dann weniger Nahrung für die Brut finden
Auch die Nachtigall leidet unter der Klimaerwärmung
Auch die Nachtigall leidet unter der Klimaerwärmung
© aus: Naumann, Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas, Band I
Groningen (Niederlande) - Schlechte Zeiten für Insekten fressende Zugvögel aus Afrika, die in holländischen Wäldern brüten. Sie leiden darunter, dass in Mitteleuropa der Frühling immer früher beginnt. Normalerweise schlüpfen die Jungvögel zu einer Zeit, in der auch das Nahrungsangebot in Form von Raupen am größten ist. Doch inzwischen ist die jahreszeitliche Entwicklung der Natur bei Ankunft der Vögel schon weiter fortgeschritten als früher. Davon profitieren die überwinternden Standvögel auf Kosten der Langstreckenzieher, für die weniger Nahrung zur Jungenaufzucht übrig bleibt. Der Zeitplan der Zugvögel ist nicht mehr mit der Umwelt des Brutgebietes synchronisiert. Offenbar sind sie nicht flexibel genug, um sich schnell an die klimatische Veränderung anzupassen, schreiben die niederländischen Forscher in den "Proceedings of the Royal Society of London".

In den holländischen Wäldern werde es aufgrund der Klimaerwärmung wohl deutlich stiller werden, sagt Christiaan Both von der Universität Groningen. "Immer weniger Zugvögel werden hier brüten können". Aus Zählungen zwischen 1984 und 2004 ergab sich ein starker Rückgang der Populationsdichten von einigen Zugvögeln, die in Wäldern brüten: Bei der Nachtigall sank die Zahl um 37 Prozent, beim Waldlaubsänger um 73 Prozent und beim Gelbspötter um 85 Prozent. In Skandinavien, wo ein vorzeitiger Frühlingsbeginn noch nicht so ausgeprägt ist, waren die gleichen Vogelarten in ihrem Bestand weit weniger betroffen. Daher glauben die Forscher, dass die Ursache des Rückgangs nicht auf Faktoren beruht, die das afrikanische Winterquartier oder die Zugroute betreffen.

In Holland knospen die Laubbäume heute zwei Wochen früher als vor 25 Jahren. Damit treten auch die Raupen, die sich von den Blättern ernähren, entsprechend früher auf. Vögel haben ihren Fortpflanzungsrhythmus an den Wechsel der Jahreszeiten angepasst, damit zum Füttern der Jungen ausreichend Raupen zur Verfügung stehen. Jetzt hinkt das Schlüpfen der Brut dem Anstieg der Raupenzahlen hinterher. Bei ebenfalls aus Afrika eintreffenden Sumpfvögeln, die im Frühling und Sommer durchgehend genügend Nahrung finden, stellten die Forscher keinen derartigen Rückgang im Bestand fest. Auch Kurzstreckenzieher und Standvögel, die gar nicht ziehen, leiden nicht unter der Klimaveränderung. Sie können sich leichter anpassen oder profitieren sogar direkt davon.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Avian population consequences of climate change are most severe for long-distance migrants in seasonal habitats", Christiaan Both et al.; Proceedings of the Royal Society of London Series B: Biological Sciences, Online-Publikation, doi:10.1098/rspb.2009.1525


 

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