Kino der Moleküle
"Die Emission [von Lichtpulsen] liefert einen Schnappschuss von der Struktur und der Dynamik in rekombinierenden Systemen", schreiben Olga Smirnova vom Berliner Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie und ihre Kollegen vom National Research Council of Canada. Als Beispiel für solche Systeme fingen sie Kohlendioxid-Moleküle in einer Falle aus Lichtwellen ein. Diese beschossen sie mit ultrakurzen Lichtblitzen, die nur einige Femtosekunden lang erstrahlten, also für Millionstel Milliardstel Bruchteile einer Sekunde. Dabei baute sich ein starkes elektromagnetisches Feld auf, durch das einzelne Elektronen aus ihren angestammten Flugbahnen heraus katapultiert werden konnten.
Durch diese Anregung mit kurzen Laserblitzen fliegen manche Elektronen getrennt vom Rumpfmolekül weg. Andere dagegen können ihre Freiheit nicht lange genießen, sondern werden wieder vom Molekül eingefangen. Bei dieser Wiedervereinigung entstehen abermals Lichtpulse, die noch um das Hundertfache kürzer sein können als die anregenden Femtosekundenblitze. Genau diese Attosekundenpulse zeichneten die Forscher auf und konnten damit die Dynamik der Elektronen wie in einem Film festhalten.
Die Aufnahmen zeigten, wie sich das Elektronenloch, welches das ausgetretene Elektron hinterlassen hat, zeitlich und räumlich verändert. Sowohl die ursprüngliche Flugbahn der Elektronen um das Molekül herum als auch die Wege, die es bei seinem Fluchtversuch einschlug konnten die Forscher beobachten. Solche Molekül-Filme mit extrem kleiner Zeitauflösung zeigen, ob die heutigen Theorien das Verhalten von Atomen und Molekülen korrekt beschreiben. Und wer auf atomarer Ebene versteht, wie sich Elektronen von ihren Rumpfmolekülen trennen , hält einen Schlüssel für neue und effiziente Prozesse beispielsweise für die chemische Industrie in der Hand.