Kamera mit Katzenblick

Vertikale Pupille und reflektierende Silberplättchen erhöhen Tiefenschärfe und Lichtempfindlichkeit
Schematische Darstellungen: Katzen können auch bei schlechten Lichtverhältnissen ihre Beute fokussieren.
Schematische Darstellungen: Katzen können auch bei schlechten Lichtverhältnissen ihre Beute fokussieren.
© Kim et al., Sci. Adv. 10, eadp2809 (2024)
Seoul (Südkorea) - Katzen jagen bevorzugt in der Nacht. Dank der speziellen Anatomie ihrer Augen können sie Beutetiere selbst bei wenig Licht klar fixieren. Koreanische Forscherinnen und Forscher ließen sich nun vom Aufbau der Katzenaugen inspirieren und ahmten ihn in einer neuartigen Digitalkamera nach. Wie sie in der Fachzeitschrift „Science Advances“ berichten, konnten dadurch sowohl die Tiefenschärfe als auch die Lichtempfindlichkeit im Vergleich zu herkömmlichen Kameras deutlich gesteigert werden. Dieser bionische Ansatz hat das Potenzial, Kameras für Dronen, autonome Fahrzeuge und auch für die Videoüberwachung weiter zu optimieren.

Ihre hervorragende Nachtsichtigkeit verdanken Katzen der großen Anzahl lichtempfindlicher Stäbchen in ihrer Netzhaut. Zusätzlich befindet sich hinter der Netzhaut eine reflektierende Schicht – „Tapetum lucidum“ genannt, lateinisch für „leuchtender Teppich“. Diese Schicht wirft einfallendes Licht zurück, so dass es zweimal auf die Sehzellen trifft und damit den Lichtreiz erhöht. Die vertikale, schlitzförmige Pupille dagegen verbessert bei guten Lichtverhältnissen tagsüber die Tiefenschärfe. Ein Beutetier sticht daher schärfer aus einem schlechter fokussierten und daher unscharfen Umfeld heraus. In der Dämmerung oder nachts weitet sich der Schlitz ebenso wie bei einer kreisrunden Blende, um möglichst viel Licht einzufangen.

Min Su Kim und seine Team von der Seoul National University ahmten nun Schlitzblende und die reflektierende Schicht in ihrer Digitalkamera nach. Als Lichtsensor nutzten sie einen nur etwa einen Mikrometer dünnen Kunststofffilm, auf denen sie zahlreiche Photodioden auf Siliziumbasis anordneten. Hinter dieser Sensorschicht legten sie einen weiteren Kunststofffilm, in den sie etwa 100 Nanometer dünne Plättchen aus Silber integrierten. Diese Silberplättchen reflektierten einfallendes Licht und übernahmen die gleiche Aufgabe wie das Tapetum lucidum im Katzenauge.

In mehreren Versuchsreihen schossen die Forschenden nun Bilder einer stilisierten Maus und einzelner Buchstaben mit ihrer Kamera nach Katzenart. Die Qualität der Aufnahmen verglichen sie mit denen einer ähnlich aufgebauten Kamera, die allerdings nur über eine herkömmliche Rundblende und keine reflektierende Silberschicht verfügte. Tatsächlich verbesserte sie Schlitzblende bei guten Lichtverhältnissen die Schärfe im zentralen Blickfeld – also beim Blick auf ein „Beutetier“. Und bei dämmrigen Licht konnten die Photodioden die fokussierten Objekte sogar mit einer um 50 Prozent höheren Empfindlichkeit nachweisen.

Diese Studie zeigt, dass sich mit Schlitzblende und reflektierenden Silberplättchen wesentliche Elemente des Katzenauges technisch nachahmen lassen. In weiteren Schritten könnten diese Komponenten in speziellen Digitalkameras mit erhöhter Nachtsichtigkeit und Tiefenschärfe integriert werden. Gerade für autonome Fahrzeuge, die derzeit entwickelt werden, böten solche „Katzenkameras“ das Potenzial für ein sichereres Fahren.

© Wissenschaft aktuell


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg