Kalenderblatt 27.11.: Erste Kirchenspaltung zwischen Konstantinopel und Rom

Vor 1150 Jahren - am 27. November 858 - begann mit der Einsetzung Photios I. als Patriarch von Konstantinopel die Spaltung zwischen der weströmischen Kirche und der oströmischen Kirche, die dann 1054 im Großen Schisma endgültig besiegelt wurde
Photius I. (820-891): In der orthodoxen Kirche gilt er als einer der bedeutendsten Patriarchen und als Heiliger. In der römisch-katholischen Kirche gilt er als Verursacher des Schismas zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche.
Photius I. (820-891): In der orthodoxen Kirche gilt er als einer der bedeutendsten Patriarchen und als Heiliger. In der römisch-katholischen Kirche gilt er als Verursacher des Schismas zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche.
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Als Papst Benedikt XVI. im Jahr 2006 auf den Titel "Patriarch des Abendlandes" verzichtete, erkannte er damit eine Situation an, die sich bereits vor 1150 Jahren abzuzeichnen begann: Die römisch-katholische Kirche und die orthodoxen Kirchen sind verschiedene Kirchen. Der Papst ist nicht das Oberhaupt des gesamten christlichen Abendlandes, sondern nur das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche. Doch wie kam es überhaupt dazu, dass die beiden Kirchen unterschiedliche Wege gingen? Immerhin waren sie ja beide aus dem Christentum des Römischen Reichs hervorgegangen.

Das Römische Imperium war schon rund hundert Jahre nach Christi Geburt so groß, dass es nicht mehr von einem einzigen Zentrum aus regiert werden konnte. Kaiser Diokletian teilte es Ende des 3. Jahrhunderts in zwei Verwaltungsbezirke mit Kaisern und Unterkaisern. Da das auf Dauer zu kompliziert war, bildete sich mit der Zeit eine klare Zweiteilung in einen oströmischen und einen weströmischen Teil mit zwei Machtzentren heraus: Rom und Byzanz (ab 330 meist Konstantinopel genannt). Byzanz hatte einen Patriarchen, der jedoch dem Papst in Rom untergeordnet war.

Bald bildeten sich sowohl im weltlichen wie auch im kirchlichen Bereich Differenzen heraus. So nahm sich Kaiser Leo III. von Konstantinopel im achten Jahrhundert das Recht heraus, Illyrien, Sizilien und Kalabrien der Jurisdiktion von Konstantinopel zu unterstellen. Im Jahr 800 wurde Karl der Große und 813 sein Sohn Ludwig der Fromme zum römischen Kaiser gekrönt. Aus der Sicht von Konstantinopel mit seinen durchweg hochgebildeten Herrschern waren hier Barbaren auf den Kaiserthron gekommen.

Rund 40 Jahre später waren die schwelenden Konflikte immer noch nicht beigelegt. Im Jahr 858 wurde in Rom Nikolaus I. zum Papst gewählt - ein harter Verfechter des alten Primats des römischen Papstes über alle anderen Patriarchen. Eines der erklärten Ziele von Nikolaus I. war es auch, die Provinzen Sizilien, Illyrien und Kalabrien wieder für die weströmische Kirche zurückzugewinnen. Im selben Jahr am 27. November wurde in Konstantinopel Photios I. Patriarch. Photios kam aus gutem Hause, hatte bereits am Hof von Konstantinopel Karriere gemacht und war einer der gelehrtesten Männer seiner Zeit. Nachdem er zum Partriarchen geweiht worden war, informierte er die anderen Patriarchen in Antiochia, Jerusalem und Alexandria, zuallererst aber den Papst Nikolaus I. in Rom. Dieser erkannte die Wahl Photios' an und schickte zwei Legaten, um mit Photios die Frage der drei Provinzen zu klären. Nachdem es den Legaten nicht gelungen war, Photios die Hoheit über die drei Provinzen abzuringen, wurde das Klima zwischen den beiden kirchlichen Würdenträgern in Rom und Konstantinopel deutlich rauer.

Nikolaus erklärte nun die Weihe von Photios für ungültig, Photios schlug zurück, indem er in einer theologisch profunden Enzyklika seinerseits den Papst exkommunizierte. In der Enzyklika warf er dem Papst vor, falsche Lehren einzuführen, etwa den Priestern die Heirat zu verbieten oder am Samstag zu fasten. Parallel dazu initiierte Photios die Slawenmission von Kyrill und Method - ein weiterer Vorstoß, um Gebiete für die byzantinische Kirche zu gewinnen. Aufgrund dieser Initiative bildet in allen ostslawischen Ländern bis heute die Orthodoxie byzantinischer Prägung die Hauptkonfession. Auf einem von Photios 867 einberufenen Konzil wurde die Absetzung Nikolaus I. bestätigt. Dieser starb jedoch, ohne von seiner Absetzung zu erfahren.

In rascher Folge wechselten danach Kaiser und Päpste, die je nach Interessenlage Photius absetzten, abzusetzen versuchten oder ihn rehabilitierten. 886 wurde Photios von Kaiser Leon VI. endgültig abgesetzt. Seine letzten fünf Lebensjahre verbrachte Photios in einem armenischen Kloster.

Doch der Konflikt zwischen dem römischen Papst und dem Patriarchat von Konstantinopel ließ sich nicht mehr aus der Welt schaffen. In die nächste Runde ging der Konflikt Anfang des 11. Jahrhunderts, als die Normannen im Verlaufe mehrerer Jahre Süditalien eroberten, das damals immer noch zu Konstantinopel gehörte. Gegen theologische Zugeständnisse und natürlich die Anerkennung des Primats des römischen Papsttums versprach der damalige Papst dem byzantinischen Gouverneur in Süditalien, ihm im Kampf gegen die Normannen beizustehen. Während der byzantinische Gouverneur - ein weltlicher Politiker - einverstanden war, weigerte sich der byzantinische Patriarch Michael Kerullarios, dies anzuerkennen, wobei er die Gläubigen hinter sich wusste. 1054 reiste der römische Kardinal Humbert von Silva Candida nach Konstantinopel. Als es ihm nicht gelang, die Byzantiner von ihren theologischen "Irrtümern" abzubringen, legte er in einem Wutanfall eine Bulle mit der Exkommunikation von Kerullarios auf den Altar der Hagia Sophia in Konstantionopel. Daraufhin exkommunizierte Kerullarios seinerseits Humbert und seine Begleiter. Obwohl nicht der Papst exkommuniziert wurde, gab es nun nun dennoch zwei gegenseitige Exkommunikationen. Der Graben zwischen den beiden Kirchen war mittlerweile so tief geworden, dass an eine Versöhnung nicht mehr zu denken war. 1054 war das Jahr des endgültigen Schismas zwischen der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche. Es ging als "Großes Schisma" oder "Morgenländisches Schisma" in die Geschichte ein. Erst 1965 hoben Papst Paul VI und Patriarch Athenagoras von Konstantinopel die gegenseitige Exkommunikation auf.

Eigene Recherche
Quelle: Eigene Recherche


 

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