Kalenderblatt 19.01.: Vor 90 Jahren durften deutsche Frauen erstmals wählen gehen

Erst seit neun Jahrzehnten dürfen Frauen an die Wahlurne treten - damit gehörte Deutschland in Europa noch zu den fortschrittlichsten Ländern
SPD-Wahlplakat zur Wahl der Deutschen Nationalversammlung am 19.01.1919
SPD-Wahlplakat zur Wahl der Deutschen Nationalversammlung am 19.01.1919
© Wikipedia / Public Domain
Am 19. Januar 1919, bei den Wahlen zur Deutschen Nationalversammlung, konnten die deutschen Frauen erstmals ihr politisches Wahlrecht nutzen, das ihnen wenige Monate zuvor zuerkannt worden war. Damit waren sie nicht die allerersten wahlberechtigten Frauen in Europa, doch gehörten immerhin zu denen, die von den politischen Neuordnungen nach dem Ersten Weltkrieg profitieren konnten.

Forderungen nach einem Frauenwahlrecht wurden in Europa erstmals während der Französischen Revolution laut. Olympe de Gouges, die 1791 die Erklärung der Frauenrechte veröffentlichte, bezahlte dafür mit ihrem Leben. In England wurde die erste Petition, Frauen das Wahlrecht zu geben, 1832 eingereicht - allerdings erfolglos. In manchen Ländern bekamen Frauen aufgrund besonderer politischer Umstände das Wahlrecht relativ früh, zum Beispiel in Frankreich zur Zeit der Pariser Kommune von 1871. Danach wurde es ihnen aber wieder aberkannt.

Das Ende des Ersten Weltkriegs stellte in vielen europäischen Ländern die Weichen für die Einführung eines aktiven und passiven Frauenwahlrechts. Nur Finnland war schneller: Es gewährte den Frauen bereits 1906 das volle Wahlrecht.

In den Kriegsjahren hatten Frauen die Arbeit von Männern übernehmen müssen oder waren überhaupt erstmals berufstätig geworden. Dies schuf ein neues Selbstbewusstsein. Dazu kam, zumindest in Deutschland, dass auch die Männer nicht alle das gleiche Wahlrecht besaßen. Für den preußischen Landtag galt von 1850 bis 1918 für Männer ein Dreiklassenwahlrecht, in dem das Wahlrecht nach Besitz gestaffelt war. Darum fanden die deutschen Frauen in der Sozialdemokratie Unterstützung für ihre Forderungen, da die Sozialdemokraten das feudale Dreiklassenwahlrecht ablehnten. Es gab jedoch auch Länder, in denen die Sozialdemokraten und Sozialisten ein Frauenwahlrecht ablehnten, weil sie fürchteten, dass dies sie im Kampf um das Arbeiterwahlrecht behindern würde. Zudem befürchteten manche sozialistische Parteien, dass Frauen nicht sozialistisch, sondern kirchlich orientiert wählen würden. Die deutsche Sozialdemokratie hatte jedoch mit August Bebel einen Kopf, der vehement die Gleichberechtigung der Frauen vertrat. Bereits 1891 hatte die deutsche Sozialdemokratie das Frauenwahlrecht in ihr "Erfurter Programm" aufgenommen.

Die rechtliche Grundlage für das Frauenwahlrecht wurde im Aufruf des Rates der Volksbeauftragten an das deutsche Volk vom 12. November 1918 geschaffen. Die durch die Revolution in Deutschland ins Amt gekommene und aus SPD- und USPD-Mitgliedern bestehende sechsköpfige Regierung bestimmte darin unter anderem: "Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht auf Grund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen". Am 19. Januar 1919, als die Wahlen zur Deutschen Nationalversammlung stattfanden, konnten die deutschen Frauen erstmals von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Von den großen europäischen Ländern nahm Deutschland damit eine Vorreiterstelle ein. Die britischen Frauen erlangten erst 1928 das Wahlrecht - hier allerdings durch eigenen hartnäckigen Kampf. Die französischen Frauen mussten sogar bis nach dem Zweiten Weltkrieg warten. In Frankreich waren es vor allem die linken Parteien, die gegen ein Frauenwahlrecht waren.

Eigene Recherche
Quelle: Eigene Bericht


 

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