Kalenderblatt 16.12.: Die "Boston Tea Party" läutet die amerikanische Unabhängigkeit ein

Aus Protest gegen die vom englischen Mutterland festgesetzten Zölle für Tee, Leder und Papier warfen Bostoner Bürger vor 235 Jahren eine ganze Schiffsladung Tee ins Meer - das Ereignis gilt als Anfang vom Ende der britischen Herrschaft über die 13 nordamerikanischen Kolonien
Die Boston Tea Party in einer Lithografie von 1846
Die Boston Tea Party in einer Lithografie von 1846
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Während des 18. Jahrhunderts löste sich das Alltagsleben in den 13 nordamerikanischen Kolonien immer mehr vom Leben im britischen Mutterland. Schon um die Mitte des 17. Jahrhunderts waren Städte wie Philadelphia, New York oder Boston entstanden, die ihre eigenen Interessen entwickelten. Dennoch fühlten sich die europäischen Bewohner der amerikanischen Ostküste noch bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts als Kolonialisten. Vor allem die Englischstämmigen unter ihnen betrachteten sich noch als Engländer. Doch in den folgenden 20 Jahren sollte sich dies fundamental ändern: Kriege in Europa ließen das britische Mutterland zu Entscheidungen kommen, die die Kolonialisten als gegen sich gerichtet auffassen mussten. Im letzten Drittel des 18. Jahrhundert hatten sich Kolonien und Mutterland bereits so voneinander entfremdet, dass schon ein verhältnismäßig kleiner Konflikt der berühmte Tropfen sein konnte, der das Fass zum Überlaufen brachte. Dieser Tropfen war die britische Steuer- und Zollgesetzgebung.

Für das Königreich waren die Kolonien kein billiges Vergnügen. Im Siebenjährigen Krieg hatten Engländer und Franzosen in Nordamerika gegeneinander gekämpft. Überdies hatte König George III. im Jahr 1763 Truppen gestellt, um in Nordamerika die Siedlungsgebiete von den Indianergebieten zu trennen. Westlich der Appalachen, so verfügte es die Proklamationslinie von 1763, sollten keine Kolonien errichtet werden. Nur durch zusätzliche britische Truppen konnte ein Krieg zwischen den nach Westen vordringenden Siedlern und den Indianern verhindert werden. All das schröpfte die britische Staatskasse. Daher versuchte die britische Regierung, die Einkünfte aus Nordamerika zu erhöhen, zunächst durch Steuern, wie sie etwa im so genannten Sugar Act (Zuckergesetz) oder dem Stamp Act (Stempelgesetz) von 1764 und 1765 festgelegt wurden. Obwohl es sich um eine vergleichsweise milde Besteuerung handelte, riefen diese Gesetze in den Kolonien heftige Proteste hervor. Die Kolonisten beriefen sich darauf, dass sie im britischen Parlament wegen der Entfernung nicht repräsentiert waren und deshalb sich keiner Steuergesetzgebung beugen wollten, an der sie nicht parlamentarisch beteiligt worden waren ("no taxation without representation"). Der britische Finanzminister Charles Townshend versuchte daraufhin, die Steuern durch Zölle zu ersetzen. In den so genannten "Townshend Acts" vom 29. Juni 1767 wurden nun statt der Steuern auf Zucker und auf Beurkundungen aller Art Zölle auf die Einfuhr von Leder, Papier und Tee nach Nordamerika erhoben. Dies führte zu noch stärkeren Protesten - und zu einem florierenden Schmuggel von Tee auf dem Weg über die niederländischen Antillen.

Finanziell brachten diese Einfuhrzölle Großbritannien kaum etwas. Besonders der Absatz von Tee in Nordamerika ging stark zurück. Die für den Handel mit den Kolonien monopolisierte britische Ostindiengesellschaft importierte daher auch weniger Tee nach London zur späteren Umschiffung der Ladung nach Nordamerika. Dadurch entgingen dem Staat erhebliche Einnahmen aus den britischen Importzöllen.

Die Einfuhrzölle in Nordamerika wurden 1770 weitgehend zurückgenommen. Dass der Tee-Zoll jedoch trotz der für die Briten nachteiligen Konsequenzen aufrechterhalten wurde, zeigt, dass es auch den Briten ums Prinzip ging. Die Ostindiengesellschaft war durch die britische Politik sogar so in Bedrängnis geraten, dass ihr Bankrott bevorstand. Um den Ruin der Gesellschaft zu vermeiden, beschloss das britische Parlament im Mai 1773 den so genannten "Tea Act". Anstatt aber einfach nur den Tee-Einfuhrzoll in den nordamerikanischen Kolonien zurückzunehmen, beseitigte der Tea Act die Zölle, die die Ostindiengesellschaft bei der Einfuhr von Tee nach Großbritannien zu entrichten hatte. Dadurch hatte die Ostindiengesellschaft theoretisch die Möglichkeit, Tee in Nordamerika trotz des dort bestehenden Einfuhrzolls zu einem Preis zu verkaufen, der noch unter dem Preis für geschmuggelten Tee lag.

Diese Politik stachelte die Wut der Kolonialisten nur noch mehr an. Da es in der nordamerikanischen Boykottbewegung, die sich durch die britische Steuer- und Zollgesetzgebung etabliert hatte, eine prinzipientreue und eine wirtschaftlich orientierte Gruppierung gab, argwöhnte man dort, die Briten wollten mit dem Tea Act einen Keil in die Bewegung treiben. Die nordamerikanischen Teehändler und die Boykottbewegung entschlossen sich nun, Landung und Verkauf des verbilligten Tees der Ostindiengesellschaft unter allen Umständen zu verhindern. In den meisten nordamerikanischen Küstenstädten wurden mit Tee beladene englische Schiffe einfach nicht mehr in die Häfen navigiert. In Boston jedoch gestaltete sich die Umsetzung dieses Entschlusses schwieriger. Die Interessenlage war hier komplizierter, da der dortige Gouverneur Thomas Hutchinson Söhne hatte, die hohe Posten bei der Ostindiengesellschaft bekleideten. Der Gouverneur verlangte, dass die im Dezember 1773 nach Boston einlaufende "Dartmouth", beladen mit Tee der Ostindiengesellschaft, entladen wurde. Am Abend des 16. Dezember 1773 eskalierte schließlich die Situation. Anhänger der Boykottbewegung verkleideten sich als Mohawk-Indianer, stürmten die "Dartmouth" und warfen die mit Tee gefüllten Kisten ins Wasser. Die ganze Aktion verlief insgesamt ausgesprochen diszipliniert. Die Boykotteure säuberten, nachdem sie rund 45 Tonnen Tee ins Wasser gekippt hatten, sogar das Schiff von dem Dreck, den die Aktion verursacht hatte. Dies spricht für einen schon seit längerem gefassten Plan. Der Vorschlag, englischen Tee ins Meer zu werfen, war zuvor schon öfter in nordamerikanischen Bürgerversammlungen eingebracht worden. Doch bis zu jenem Dezember 1773 gab es, soweit bekannt, kaum einen der führenden Männer der Boykottbewegung, der dies ernsthaft erwogen hatte. Und obwohl es auf Zeichnungen aus der Zeit gern anders dargestellt wurde, blieben auch Anfeuerungs- und Jubelrufe der rund tausend Zuschauer im Hafen eher die Ausnahme.

Doch John Adams, der später der zweite Präsident der USA wurde, erkannte bemerkenswert hellsichtig die Bedeutung dieser Aktion. Am 17. Dezember 1773 notierte er in sein Tagebuch: "Gestern Abend wurden drei Ladungen Bohea-Tee ins Meer geschüttet. Heute Morgen segelte ein Kriegsschiff los. Dies ist die bisher großartigste Maßnahme. Dieses letzte Unternehmen der Patrioten hat eine Würde […], die ich bewundere. Das Volk sollte sich nie erheben, ohne etwas Erinnerungswürdiges zu tun - etwas Beachtenswertes und Aufsehen Erregendes. Die Vernichtung des Tees ist eine so kühne, entschlossene, furchtlose und kompromisslose Tat, und sie wird notwendigerweise so wichtige und dauerhafte Konsequenzen haben, dass ich sie als epochemachendes Ereignis betrachten muss."

Die Provokation der Boston Tea Party wollte sich die britische Regierung nicht bieten lassen. Mit einer Reihe von Gesetzen versuchten sie, die Freiheiten der Kolonien einzuschränken. Diese antworteten darauf mit dem ersten Kontinentalkongress, der 1774 in Philadelphia stattfand und der empfahl, eine eigene Miliz, die Kontinentalarmee, zu bilden und ökonomische Sanktionen gegen Großbritannien zu verhängen. Im "New England Restraining Act" vom 30. März 1775 wollte Großbritannien die aufrührerischsten Provinzen bestrafen, was den Zusammenschluss der 13 Kolonien nur noch förderte. Mit den Gefechten von Lexington und Concord begann am 19. April 1775 der amerikanische Unabhängigkeitskrieg. r

Eigene Recherche
Quelle: Eigener Bericht


 

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