Junges Gedächtnis erinnert lieber bewusst, altes Gedächtnis lieber unbewusst

Wenn man jung ist, benutzt man so genannte explizite Abrufstrategien, um sich an etwas zu erinnern. Ältere Menschen nutzen eher das implizite Erinnern, rufen ab, was sie nebenbei mitbekommen haben, ohne dass es zuvor ausdrücklich als wichtig deklariert wurde
Toronto (Kanada) - Wie altert das Gedächtnis? Um darüber mehr herauszufinden, beleuchteten kanadische Forscher den Unterschied zwischen explizitem und implizitem Erinnern. Explizites Erinnern ist die Art und Weise, wie man etwa den Inhalt einer zu Hause vergessenen Einkaufsliste rekonstruiert. Beim impliziten Erinnern hingegen sind einem etwa Details in einem Film irgendwie noch gegenwärtig, ohne sich bewusst daran erinnern zu müssen. Durch Experimente, die die Forscher in der Fachzeitschrift "Psychological Science" beschrieben haben, konnte nun nachgewiesen werden, dass junge Menschen eher explizite Erinnerungen abrufen und ältere Menschen eher implizite. Das erklärt beispielsweise, warum junge Leute oft Möglichkeiten haben, einen vergessenen Namen ins Gedächtnis zurückzurufen, für ältere Leute dies jedoch oft schwierig ist.

An der Studie nahmen etwa 125 Personen teil, die sich in zwei Gruppen gliederten: Die Mitglieder der einen Gruppe waren durchschnittlich 19 Jahre, die Mitglieder der anderen 69 Jahre alt. In einer ersten Aufgabe sollten die Probanden Knöpfe drücken - als Reaktion auf die Farbe von Wörtern, die nach dem Zufallsprinzip auf einem Bildschirm erschienen. Dabei waren die Wörter unwichtig, es ging nur um die Farbe. In einem zweiten Experiment sollten die Versuchspersonen Wortfragmente ergänzen. Für eine Gruppe wurde die erste Aufgabe dabei gar nicht mehr erwähnt. Diese Aufgabe sollte für die Probanden zur impliziten Erinnerung werden - so wie man eben eine Automarke in einem Film registriert, ohne ihr weitere Beachtung zu schenken. In der anderen Gruppe wurden die Versuchspersonen hingegen aufgefordert, Wörter aus der Farb-Aufgabe zu benutzen. Das bedeutete, bewusste Erinnerungsstrategien, also explizites Erinnern, einzusetzen. Bei der Auswertung der Ergebnisse zeigte sich, dass die älteren Versuchspersonen besser zurechtkamen, wenn ihr implizites Erinnern gefragt war, während die jüngeren besser abschnitten, wenn sie explizite Erinnerungsstrategien anwenden konnten.

"Wir glauben, dass junge Leute in tiefen, ausgearbeiteten Arten, nämlich konzeptuell erinnern", erklärt Nigel Gopie von der University of Toronto. "Sie schaffen sich semantische oder bildliche Assoziationen zwischen Wörtern und Ideen. Ältere Menschen denken in einer eher sensorischen Weise. Sie filtern unwichtige Reize nicht heraus. Die Information ist gewissermaßen über den ganzn Platz verstreut und also eher implizit. Wenn Ältere versuchen, sich an einen Namen zu erinnern, haben sie bei dieser Erinerungsart oft Probleme."

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Quelle: "A double dissociation of implicit and explicit memory in young and older adults", Nigel Gopie, Fergus I.M. Craik, Lynn Jasher; Psychological Science, 2011, im Druck


 

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