Immundefekt verändert Darmflora und verursacht Fettleibigkeit

Eine Fehlfunktion spezieller Immunzellen verringert bei Mäusen die Zahl an Clostridien im Darm, was die Fettresorption verstärkt und Stoffwechselstörungen auslöst
Das intakte Immunsystem (links) sorgt für eine hohe Zahl an Clostridien (gelbe Stäbchen) im Darm und verhindert damit Fettleibigkeit.
Das intakte Immunsystem (links) sorgt für eine hohe Zahl an Clostridien (gelbe Stäbchen) im Darm und verhindert damit Fettleibigkeit.
© Luat Nguyen, University of Utah Health
Salt Lake City (USA) - Schlanke und fettleibige Menschen unterscheiden sich in ihrer Darmflora, dem Mikrobiom ihres Darms. Eine der Ursachen dafür könnte in einer speziellen Funktion des Immunsystems liegen, wie amerikanische Forscher jetzt im Fachjournal „Science“ berichten. Demnach haben bestimmte Immunzellen die Aufgabe, die Vermehrung gesundheitsfördernder Darmbakterien zu stimulieren und das Wachstum anderer Mikroben zu hemmen. In Experimenten mit Mäusen sorgte eine hohe Zahl an Clostridien für eine Begrenzung der Fettaufnahme, so dass die Tiere schlank blieben. Versagte diese Kontrolle des Mikrobioms aufgrund eines Gendefekts von T-Zellen, wurden die Mäuse selbst bei gesunder Ernährung fettleibig und entwickelten Anzeichen von Diabetes. Durch Übertragung von Clostridien in den Darm dieser Tiere verringerte sich die Zunahme des Körpergewichts. Offenbar setzen die Bakterien noch nicht identifizierte Substanzen frei, die den Fetttransport durch die Darmwand blockieren. Diese natürlichen Wirkstoffe könnten sich daher zur Therapie von Stoffwechselerkrankungen eignen.

„Diese Bakterien haben sich im Lauf der Evolution entwickelt, um mit uns zusammenzuleben und nützlich für uns zu sein“, sagt Erstautorin Charisse Petersen aus dem Labor von June Round an der University of Utah in Salt Lake City. „Wir können viel von ihnen lernen.“ Die verschiedenen Arten von Clostridien sind wichtiger Bestandteil einer gesunden Darmflora. Lediglich die Spezies Clostridium difficile kann bei starker Vermehrung eine Darmerkrankung verursachen. Durch Zufall hatte Petersen beobachtet, dass Mäuse mit einem Gendefekt in ganz speziellen Immunzellen, sogenannten T-Helferzellen, mit dem Alter fettleibig wurden. Der betroffene Typ von T-Helferzellen regt normalerweise andere Immunzellen dazu an, Antikörper vom Immunglobulin A-Typ in den Darm freizusetzen. Dort heften sich die Antikörper an Bakterien an, wodurch sie deren Vermehrung hemmen oder verstärken.

Bei den Mäusen mit den defekten Immunzellen funktionierte diese Kontrolle nicht mehr: Die Zahl an Clostridien sank, während sich Bakterien der Gattung Desulfovibrio stärker vermehrten. Das erhöhte die Aktivität eines Gens in Zellen der Darmwand, das die Resorption von Nahrungsfetten steuert. Das Absinken der Clostridienzahl steigerte also die Fettaufnahme und führte mit der Zeit zu Fettleibigkeit und Diabetes. Auch fettleibige Menschen weisen einen, verglichen mit schlanken Menschen geringeren Anteil an Clostridien im Mikrobiom ihres Darms auf. „Wir wollen nun weiter der Frage nachgehen, wie das Immunsystem das Mikrobiom reguliert und Stoffwechselerkrankungen verhindert“, sagt Round. Neben der Zusammensetzung der Darmflora sind auch Ernährung und Lebensweise zusätzliche wichtige Einflussfaktoren für die Entwicklung von Fettleibigkeit und Diabetes.

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