Immer mehr Menschen finden Lebenspartner im Internet

Allerdings zweifeln Forscher an angeblich Wissenschafts-basierten Angeboten zur Partnerwahl
Prozent der US-Amerikaner, die ihren Partner im Internet fanden (1978 - 2009)
Prozent der US-Amerikaner, die ihren Partner im Internet fanden (1978 - 2009)
© University of Rochester
Rochester (USA) - Internet-Dating ist mittlerweile in den Industrieländern die zweithäufigste Möglichkeit, dass Paare zusammenfinden - nur noch übertroffen von Kontakten, die sich durch Freunde ergeben. Das ist eines der vielen Ergebnisse einer groß angelegten Analyse von US-Forschern, die mehr als 400 Studien und Umfragen zu diesem Thema in ihre Untersuchung einbezogen hatten. Demnach hat sich die Einstellung gegenüber dem Internet-Dating inzwischen erheblich verändert: War es in den 1980er und 90er Jahren noch mit einem negativen Stigma versehen, hat es heute die breite Masse erreicht. Die an der aktuellen Studie beteiligten Experten sehen viele positive Aspekte des Internet-Datings, warnen aber auch vor Gefahren und falschen Erwartungen. So zweifeln sie an sogenannten Wissenschafts-basierten Angeboten zur Partnerfindung im Internet, schreiben sie im Fachblatt „Psychological Science in the Public Interest“.

„Verhaltensökonomische Untersuchungen haben gezeigt, dass der Dating-Markt für Singles in westlichen Gesellschaften extrem ineffizient ist - speziell wenn Menschen die Schule und Universitäten verlassen haben“, meint Harry Reis. Der Psychologieprofessor von der University of Rochester und seine Kollegen sehen einen Vorteil des Internet-Datings darin, passende Partner zu finden, die man sonst nie getroffen hätte. Das gilt vor allem für Menschen, die beispielsweise aus beruflichen Gründen oder wegen abgelegener Wohnorte sonst wenig Chancen hätten, jemanden zu finden. Darüber hinaus besteht im Internet die Möglichkeit, eine Menge Fakten über den potenziellen Partner zu erfahren und die Kompatibilität auszutesten, bevor es überhaupt zum ersten Rendezvous kommt. Unter Umständen besteht sogar die Option, Personen auszuschließen, die generell wenig für eine Partnerschaft geeignet sind.

Doch es gibt auch Gefahren und Fallen für die Nutzer: Das Angebot, hunderte möglicher Partner miteinander zu vergleichen, kann zu einer „Shopping-Mentalität“ führen. Die Betroffenen werden wertend und voreingenommen, pingelig und wählerisch. Sie haben eine unrealistische und destruktive Herangehensweise an Beziehungen. Außerdem fokussieren sie sich nur auf eine geringe Zahl von Kriterien wie Aussehen oder Interessen. Am Ende kann eine wochen- oder gar monatelange Korrespondenz via Computer eine Romanze im Keim ersticken oder die Erwartungen in unerreichbare Höhen schrauben. Letzteres wird in der Untersuchung mit den Worten zusammengefasst: „Beim finalen Treffen von Angesicht zu Angesicht kommt es dann zu einer unangenehmen Verletzung der Erwartungshaltung.“

Eine der untersuchten Studien aus dem Jahr 2010 weist darauf hin, dass Männer sich ungefähr dreimal mehr Profile von Frauen ansehen als umgekehrt. Außerdem sind sie wesentlich aktiver, wenn es darum geht, einen Kontakt zu initiieren. Trotz intensiver Suche fanden die Autoren allerdings keine von Fachleuten überprüfte Veröffentlichung, die eine Wissenschaftlichkeit von Online-Dating belegen würde. Auch wenn von einigen Anbietern behauptet wird, dass ihre mathematische Methoden und Algorithmen geeignete Partner auf Dauer zusammenbringen können, haben Reis und seine Kollegen ihre Zweifel. Denn die Anbieter gingen dabei häufig von Prinzipien aus, die weniger wichtig für eine anhaltende Beziehung seien, als bisher angenommen wurde. Außerdem würde beispielsweise außer Acht gelassen, wie die Beziehungs-Dynamik oder Lebensumstände das Zusammensein beeinflussen können.

Laut Angaben der Dating-Industrie nutzten im April 2011 über 25 Millionen Menschen weltweit den Dienst von derartigen Internet-Angeboten. Eine der analysierten Studien weist darauf hin, dass 2005 bereits 37 Prozent der US-amerikanischen Internet-Nutzer online nach Partnern suchten. Eine andere Untersuchung belegt, dass dabei in den Jahren 2007 bis 2009 tatsächlich 22 Prozent der Suchenden fündig wurden - bei gleichgeschlechtlichen Paaren waren es sogar rund zwei Drittel. „Heutzutage werden diese Zahlen noch wesentlich höher sein“, sind sich die Verfasser der aktuellen Studie sicher.

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Quelle: „Online Dating: A Critical Analysis From thePerspective of Psychological Science“, Eli J. Finkel et al.; Psychological Science in the Public Interest, DOI:10.1177/1529100612436522


 

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