Hyänen: In Gefangenschaft klüger als in freier Natur

Die Fähigkeit zur Problemlösung ist bei den Tieren in menschlicher Obhut stärker ausgeprägt, vermutlich da sie Neuem gegenüber weniger ängstlich sind
Die Tüpfelhyäne (Crocuta crocuta) ist ein afrikanisches Raubtier.
Die Tüpfelhyäne (Crocuta crocuta) ist ein afrikanisches Raubtier.
© Dave Pape / Wikimedia, public domain
East Lansing (USA) - Das Leben in Gefangenschaft macht Tiere nicht dümmer. Für Tüpfelhyänen haben amerikanische Biologen jetzt sogar das Gegenteil nachgewiesen. Die Tiere in einem Freigehege stellten sich wesentlich geschickter an als ihre wild lebenden Artgenossen, wenn es darum ging, an Nahrung in einer verschlossenen Kiste zu gelangen. Die wahrscheinliche Ursache: Hyänen, die in der Obhut des Menschen leben, sind Neuem gegenüber aufgeschlossener und weniger ängstlich, schreiben die Forscher im Fachblatt „Animal Behaviour“. Will man die Fähigkeit eines Tieres zur Problemlösung ermitteln, sollte man sich also nicht nur auf Experimente mit Labor- oder Zootieren verlassen.

„Zwischen dem Verhalten von Tieren in Gefangenschaft und in der Natur können große Unterschiede bestehen“, sagt Sarah Benson-Amram von der Michigan State University in East Lansing. Das bestätigten ihre Beobachtungen von Tüpfelhyänen, denen sie die Aufgabe stellte, eine Metallkiste zu öffnen. Diese enthielt ein Stück rohes Fleisch, das die Tiere riechen und zwischen Gitterstäben hindurch sehen konnten. Um an die Beute zu kommen, mussten sie den Riegel eines Türverschlusses zur Seite schieben. Getestet wurden zum einen wildlebende Tiere aus zwei Rudeln in einem kenianischen Nationalpark, zum anderen 26 Tiere einer Forschungsstation der University of California in Berkeley.

Alle Hyänen versuchten auf ähnliche Weise nach dem Prinzip von Versuch-und-Irrtum das Problem zu lösen. Beim ersten Versuch erreichten aber nur drei Prozent der wild lebenden Tiere ihr Ziel, von den anderen waren es 74 Prozent. Die in Gefangenschaft lebenden Hyänen zeigten sich einfallsreicher und hartnäckiger bei ihren Lösungsversuchen. Vor allem aber hatten sie weniger Scheu vor dem unbekannten Gegenstand. Sie näherten sich der Kiste fast hundertmal schneller als die vorsichtigeren Wildtiere.

„Es scheint nicht so zu sein, dass diese Unterschiede darauf beruhen, dass gefangene Hyänen mehr Zeit oder Energie zur Verfügung haben, um die Aufgabe zu lösen“, sagt Benson-Amram. Ausschlaggebend sei vielmehr, dass die in menschlicher Obhut lebenden Tiere weniger ängstlich waren. Durch das Leben in der Nähe von Menschen könnten sie an ähnliche Gegenstände gewöhnt sein. Zudem dürften sie sich in ihrem begrenzten vertrauten Lebensraum sicher fühlen und eher bereit sein, Neues zu erforschen, anstatt es als Bedrohung zu empfinden, vermuten die Biologen. Sie schließen es auch nicht aus, dass die Tiere durch den menschlichen Kontakt generell bessere kognitive Fähigkeiten entwickelt haben könnten.

In einer sich verändernden Umwelt ist es überlebenswichtig, auf neue Situationen schnell und richtig reagieren zu können. Um diese Fähigkeit bei verschiedenen Tierarten zu erforschen, sind Experimente unter natürlichen Lebensbedingungen nötig.

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