Hoher Salzkonsum schwächt Immunabwehr

„Wir konnten erstmals zeigen, dass übermäßiger Salzkonsum einen wichtigen Teil des Immunsystems schwächt“, sagt Christian Kurts vom Universitätsklinikum Bonn. Bisher hatte man angenommen, dass der hierzulande insgesamt hohe Salzgehalt vieler Speisen eine eher entzündungsfördernde Wirkung hat. Das könnte überschießende Immunreaktionen und die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen begünstigen. Die Forscher untersuchten nun, ob eine erhöhte Salzaufnahme die Immunabwehr von Mäusen bei einer schweren Harnwegsinfektion verstärkt oder schwächt.
Eine Woche lang mit Zusatz von Kochsalz ernährte Tiere wurden mit E. coli-Bakterien infiziert, die sich in den Nieren ausbreiteten und eine Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) verursachten. Die Bakterienzahl in den Nieren erreichte bei diesen Mäusen vier- bis sechsmal höhere Werte als bei einer normal ernährten Kontrollgruppe. Es stellte sich heraus, dass der starke Salzkonsum die Aktivität bestimmter Zellen des angeborenen Immunsystems, so genannter neutrophiler Granulozyten, schwächte. Diese Immunzellen spielen als Fresszellen eine wichtige Rolle bei der Eliminierung bakterieller Infektionserreger. Wie weitere Untersuchungen ergaben, führte die verstärkte Salzzufuhr zur Blockade eines enzymatischen Regulationssystems, das den Wasserhaushalt und die Natriumausscheidung kontrolliert. Dadurch erhöhte sich der Blutspiegel an Kortikosteroidhormonen, die die Funktion der Granulozyten hemmen, so dass sich die Bakterien schneller vermehren konnten. Auch Listerien, bakterielle Erreger lebensmittelbedingter Infektionen, vermehrten sich in den Mäusen bei stark salzhaltiger Kost schneller als bei normaler Fütterung.
Schließlich verabreichten die Forscher zehn gesunden Testpersonen eine Woche lang täglich eine Extraportion von sechs Gramm Kochsalz. Das entspreche etwa einer zusätzlichen Salzmenge, die in zwei Portionen Hamburger mit Pommes Frites enthalten sind, sagt Kurts. Die Blutuntersuchung der Probanden zeigte einen erhöhten Spiegel an Kortikosteroidhormonen sowie eine verringerte Aktivität der Granulozyten bei der Bekämpfung von E. coli im Labortest. Die klinische Bedeutung der Ergebnisse müsste nun in Studien mit Patienten geprüft werden, die von Harnwegsinfektionen oder anderen Infektionen betroffen sind. So wäre es interessant zu wissen, ob zwischen den üblichen Essgewohnheiten eines Patienten und dem Verlauf seiner Infektion ein Zusammenhang besteht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung nennt einen Wert von sechs Gramm pro Tag als Orientierungswert für die Speisesalzzufuhr. Das entspricht etwa einem Teelöffel.