Hoher Blutdruck im Alter: Nicht immer schädlich

Gebrechliche Menschen haben bei erhöhten Werten eine längere Lebenserwartung als bei normalen Werten
Blutdruckmessung am Oberarm
Blutdruckmessung am Oberarm
© Riki1979 (gemeinfrei)
Corvallis (USA) - Nicht für jeden ist ein hoher Blutdruck gesundheitsschädlich. Gebrechliche ältere Menschen leben länger, wenn ihr Blutdruck über den Normalwerten liegt, berichten amerikanische Forscher. Als einfaches und zuverlässiges Maß für die Gebrechlichkeit von über 65-Jährigen erwiesen sich Gehgeschwindigkeit und Gehvermögen über eine kurze Strecke. Schnellgeher mit erhöhtem Blutdruck hatten eine geringere Lebenserwartung als ähnlich mobile Gleichaltrige mit normalen Blutdruckwerten. Aber bei denjenigen, die die Laufstrecke gar nicht vollständig bewältigen konnten, kehrte sich der Zusammenhang um: Ein hoher Blutdruck war mit einer deutlich geringeren Sterberate im Untersuchungszeitraum verbunden, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Archives of Internal Medicine“. Möglicherweise profitierten die gebrechlichen Menschen von einer besseren Blutversorgung der Organe.

„Unsere Studie bestätigt, dass ein hoher Blutdruck bei gesunden und aktiven alten Menschen behandelt werden sollte. Aber bei gebrechlichen alten Menschen müssen wir genauer hinsehen und uns fragen, ob ein erhöhter Blutdruck einen Schutzeffekt haben könnte“, sagt Michelle Odden von der Oregon State University in Corvallis. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass weniger das Alter als vielmehr die Gebrechlichkeit eines Menschen Auskunft darüber gibt, wie sich hoher Blutdruck auswirkt. In ihrer Studie mit 2.340 über 65-Jährigen nutzten die Forscher einen simplen Gehtest als Maß für die Gebrechlichkeit: Jede Testperson sollte eine Strecke von sechs Metern in einem für sie normalen Tempo zurücklegen. Mehr als die Hälfte schaffte das mit einer Geschwindigkeit von mindestens 0,8 Meter pro Sekunde. Andere waren dabei langsamer, während eine dritte Gruppe diese Aufgabe gar nicht bewältigen konnte. In einem Zeitraum von 4-7 Jahren starben insgesamt 589 Teilnehmer der Studie.

Bei den körperlich besonders fitten Alten mit einem systolischen Blutdruck von mehr als 140 Millimeter Quecksilbersäule war die Sterberate um 35 Prozent erhöht, verglichen mit denen derselben Gruppe, die einen normalen Blutdruck hatten. Bei den Langsamgehern ergab sich kein Zusammenhang zwischen Blutdruck und Sterberate. Für die Gebrechlichen in der dritten Gruppe jedoch wirkte sich ein erhöhter Blutdruck positiv aus. Das Sterberisiko sank um 62 Prozent. Es bestehe nun mal ein grundlegender Unterschied zwischen den Körperfunktionen eines 80-Jährigen, der jeden Tag Golf spielt, und einem, der eine Gehhilfe benötigt, sagt Odden. Bei den körperlich aktiven alten Menschen weise ein erhöhter Blutdruck eher auf Krankheiten hin. Bei den anderen könnte ein Blutdruckanstieg als Reaktion auf nachlassende Elastizität der Gefäße dafür sorgen, dass weiterhin genügend Blut in alle Körperteile gepumpt wird, so Odden. Ob und wie ein hoher Blutdruck im Alter behandelt werden muss, sollte auf jeden Fall nur in Absprache mit einem Arzt entschieden werden.

© Wissenschaft aktuell
Quelle: „Rethinking the Association of High Blood Pressure With Mortality in Elderly Adults: The Impact of Frailty“, Michelle C. Odden et al.; Archives of Internal Medicine, DOI: 10.1001/archinternmed.2012.2555


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg