Hochmut schützt vor dem Fall

Das biblische Sprichwort „Hochmut kommt vor dem Fall“ erweist sich im Hinblick auf die Sturzgefahr älterer Menschen als falsch
Eine erbrachte Leistung kann das Gefühl von Stolz erzeugen.
Eine erbrachte Leistung kann das Gefühl von Stolz erzeugen.
© mohamed1982eg / pixabay.com, CC0 1.0 Universell (CC0 1.0), https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de
Stirling (Großbritannien) - Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko von Stürzen, die nicht selten zu bleibenden Behinderungen führen oder sogar tödliche Folgen haben. Wie groß die Sturzgefahr ist, hängt nicht nur von der körperlichen Fitness und von Umweltfaktoren ab. Das psychische Befinden spielt ebenfalls eine Rolle. Ob auch Überheblichkeit oder Stolz die Gefahr des Hinfallens bei älteren Menschen erhöht, haben britische Forscher nun erstmals in einer Studie untersucht. Ihre Ergebnisse stehen in krassem Widerspruch zum alttestamentarischen „Hochmut kommt vor dem Fall“ aus dem Buch der Sprüche Salomos 16, 18. Für diejenigen Teilnehmer, die nach eigenen Angaben vor Kurzem starke Gefühle von Stolz empfunden hatten, war das Sturzrisiko in einem späteren Zeitraum von zwei Jahren geringer als bei den anderen, berichten die Wissenschaftler in der Weihnachtsausgabe des Fachblatts „BMJ“. Die genaue Ursache für diesen Zusammenhang sei noch nicht geklärt.

„Unsere Resultate widersprechen dem bekannten Sprichwort und weisen darauf hin, dass Stolz für ältere Menschen eine Schutzwirkung gegen Stürze haben könnte“, erklären die Forscher um Michael Daly von der University of Stirling. Von anderen psychischen Faktoren wie Angst vor dem Hinfallen, Schmerzen, Depression und Selbstüberschätzung sei bereits bekannt, dass sie eine erhöhte Sturzgefahr anzeigen. Die Wissenschaftler werteten Daten einer noch laufenden englischen Langzeitstudie aus. Die dafür ausgewählten über 60 Jahre alten Teilnehmer hatten in den Jahren 2010/11 unter anderem die Frage beantwortet, ob und in welchem Maß auf einer Fünf-Punkte-Skala sie in den vergangenen 30 Tagen stolz auf sich gewesen waren. Bei 26 Prozent der Männer und Frauen war dieses Gefühl sehr stark gewesen, bei den meisten mäßig oder wenig ausgeprägt und 5 Prozent hatten gar keinen Stolz empfunden. Bei der nächsten Befragung 2014/15 gaben etwa 5000 dieser Probanden Auskunft darüber, ob sie in den vergangenen zwei Jahren gestürzt waren. Das war bei 28 Prozent der „Fall“.

Für diejenigen mit mittleren und hohen „Stolz-Werten“ ergab sich ein um 31 Prozent geringeres Sturzrisiko als für die mit niedrigen Werten. Wurden bei der statistischen Auswertung zusätzliche Faktoren wie Alter, Geschlecht, Einkommen und Stürze in früheren Jahren berücksichtigt, war die Wahrscheinlichkeit eines Sturzes nur noch um 19 Prozent verringert. Nach Ansicht der Forscher wäre es voreilig, aus den Ergebnissen zu schließen, dass Maßnahmen zur Förderung des Stolzes eine vorbeugende Wirkung im Hinblick auf das Sturzrisiko haben müssten. Es sei aber durchaus möglich, dass Menschen, die oft stolz auf sich sind, eine aufrechtere Haltung sowie einen sichereren Gang haben und sich insgesamt wohler fühlen als andere, was sich positiv auf die Gesundheit auswirken und die Sturzgefahr senken kann. Bleibt die Frage, ob dieser Zusammenhang für berechtigten Stolz und für Überheblichkeit gleichermaßen gilt.

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