Hitparade der Walgesänge

Buckelwale ändern ihre Gesänge und der aktuelle Hit wandert meist von West nach Ost
Buckelwal vor der Ostküste Australiens
Buckelwal vor der Ostküste Australiens
© Joshua Smith & Michael Noad
Gatton (Australien) - Ohrwürmer und echte Nummer-Eins-Hits sind wohl auch unter Buckelwalen ein Begriff: Die Gesänge der riesigen Meeressäuger verändern sich und die aktuell besonders angesagten Tonfolgen breiten sich von Population zu Population über die Meere aus und gelangen schnell an die "Chart-Spitze". Dabei finden die Tophits der Wale ihren Weg in den allermeisten Fällen von Westen nach Osten - von der Ostküste vor Australien bis in die Gewässer vor Französisch-Polynesien. Das hat ein Team internationaler Forscher herausgefunden, indem es die Gesänge der Meeressäuger über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren analysierte. Die Untersuchungen, welche es im Fachblatt "Current Biology" (doi:10.1016/j.cub.2011.03.019) beschreibt, belegen einen ausgedehnten und über ganze Populationen hinweg reichenden kulturellen Austausch in einer anderen Spezies als dem Menschen.

"Unsere Ergebnisse zeigen einen kulturellen Austausch gewaltigen Ausmaßes auf", bekräftigt Ellen Garland von der University of Queensland in Gatton. "Die Gesänge starteten in der Population, die sich entlang der Ostküste Australiens bewegt, und wanderten dann den ganzen Weg bis nach Französisch-Polynesien im Osten." Die Forscher waren auf das Phänomen aufmerksam geworden, als sie in den Gesängen sechs benachbarter Buckelwal-Populationen im Pazifischen Ozean über einen Zeitraum von elf Jahren nach Mustern suchten.

Viele Gesänge wanderten wie Wellen von einer Population zur anderen und bewegten alle Männchen dazu, auf die neue Version des Songs umzusteigen - die Weibchen singen nicht. Neue Tonfolgen tauchten fast ausschließlich zuerst im Westen auf und wurden dann nach und nach auch weiter östlich angenommen. Nur ein einzelner Song gelangte von Osten nach Westen. Meistens enthielten neue Gesänge noch Teile der alten Tonfolgen, die aber mit etwas neuem aufgepeppt wurden. "Es wäre etwa wie einen alten Beatles-Song mit U2 zu verbinden", erläutert Garland. "Gelegentlich schmissen sie auch den ganzen aktuellen Song aus dem Fenster und begannen, einen brandneuen zu singen." Die Forscher vermuten: Entweder schließen sich vereinzelte Männchen einer anderen Population an und nehmen ihren Gesang dann mit oder aber benachbarte Gruppen hören die Artgenossen singen und übernehmen die neuen Tonfolgen. Als mögliche Erklärung für die bevorzugte Wanderung der Gesänge gen Osten halten die Forscher es für möglich, dass schlicht die Größe der Populationen eine Rolle spielt. Da die Gruppe vor Australien mit Abstand die größte ist, könnten sich deren Gesänge leichter durchsetzen.

Zwtl: Eine Paarungssaison lang halten sich Hits an der Chart-Spitze

Nur die Buckelwal-Männchen geben die charakteristischen Laute von sich und diese Walgesänge spielen vermutlich eine Rolle bei der Partnersuche. Ob sie primär dazu dienen, Weibchen anzulocken oder Rivalen einzuschüchtern, ist allerdings noch unklar, so Garland. Einmal neu aufgetaucht, fand ein neuer Gesang sehr rasch seinen Weg zu allen anderen Männchen: Innerhalb einer Paarungssaison gelangte er schnell an die Chartspitze und hielt sich dort bis zum Ende der Saison. "Wir denken, dass diese Suche der Männchen nach einem neuartigen Song in der Hoffnung geschieht, ein bisschen anders und damit attraktiver für das andere Geschlecht zu sein", sagt Garland. "Dem wirkt dann der Drang entgegen, sich anzupassen denselben Song zu singen."

© Wissenschaft aktuell
Quelle: "Dynamic Horizontal Cultural Transmission of Humpback Whale Song at the Ocean Basin Scale”, Garland et al.; Current Biology (Volume: 21; Issue: 8; Manuscript: 8755; DOI: 10.1016/; PII:)


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg