Hirngröße spiegelt den Wagemut - bei Fischen

Ob ein Lachsfisch Jäger oder Sammler ist, zeigt sich in der individuellen Größe bestimmter Hirnareale
Der Bachsaibling (Salvelinus fontinalis) frisst vor allem Plankton, andere Wassertierchen und Insekten an der Wasseroberfläche -- größere Tiere verspeisen auch kleine Fische.
Der Bachsaibling (Salvelinus fontinalis) frisst vor allem Plankton, andere Wassertierchen und Insekten an der Wasseroberfläche -- größere Tiere verspeisen auch kleine Fische.
© NOAA
Guelph (Kanada) - Auch Fische haben Persönlichkeit: Manche gehen aktiv auf die Jagd, andere warten ab, welche Beute so vorbeikommt. Der Unterschied, sogar innerhalb derselben Art, zeigt sich offenbar in der Hirnstruktur, berichten jetzt kanadische Forscher. Je größer eine bestimmte Hirnregion, desto eher traut sich ein Bachsaibling - ein Lachsfisch - aus seiner gewohnten Umgebung heraus. Es ist das Endhirn, auch Telencephalon genannt, in dem unter anderem geregelt wird, wie gut sich jemand Umgebungen und Orientierungspunkte merken kann. Allerdings ist noch unklar, schreiben die Forscher im Fachblatt "Behavioral Ecology and Sociobiology", ob ein von Natur aus größeres Endhirn mutigere und aktivere Fische bedingt - oder ob die Größe zunimmt, während und weil sie sich mutiger und aktiver verhalten als andere.

"Wir stellten fest, dass jene Fische, die im offenen Wasser auf der Suche nach Futter herumschwammen, größere Telencephalone hatten als jene Fische, die in Ufernähe blieben und darauf warteten, dass das Futter in der Wassersäule vorbei schwamm", erklärt Robert McLaughlin, Professor für integrative Biologie an der University of Guelph. "Also gibt es eine Korrelation zwischen Jagdverhalten und Hirnmorphologie". McLaughlins Team hatte in früheren Untersuchungen zwei Persönlichkeitstypen beim auf der gesamten Nordhalbkugel heimischen Bachsaibling (Salvelinus fontinalis) festgestellt: Die einen waren aktive Jäger und schienen auch Risiken einzugehen, die anderen verhielten sich sesshafter und schüchterner. Da sich dieser Unterschied schon bei weniger als einen Monat alten Jungfischen zeigte, wollten die Forscher herausfinden, ob er auf biologischen Unterschieden beruhte.

So fischten sie wilde Bachsaiblinge aus einem nahen Fluss, sowohl die scheuen als auch die mutigen, und vermaßen die Größe derer Telencephalone. Zum Abgleich maßen sie auch die Größe des so genannten Riechkolbens im Hirn (Bulbus olfactorius), eine Struktur, die an der Geruchsverarbeitung beteiligt ist - so konnten sie ausschließen, dass nicht einfach das ganze Gehirn, sondern nur das Telencephalon der Fische größer oder kleiner war. Da Bachsaiblinge ihr Futter nach Sicht und nicht nach Geruch finden, ist der Riechkolben, der nahe am Endhirn sitzt, am Jagdverhalten nicht beteiligt. Tatsächlich zeigte sich, dass die Größe des Riechkolbens bei allen Testfischen eine vergleichbare Größe hatte. Die Endhirne hingegen zeigten deutliche Größenunterschiede bei den beiden Verhaltenstypen.

Dabei bleibt aber unklar, ob die Hirngröße das Verhalten vorgibt oder das Verhalten die Hirngröße beeinflusst so McLaughlin: "Es könnte sein, dass etwas in der Umgebung oder den Genen des Fisches einige aktiver macht als andere, und dieses Aktivitätslevel verändert das Gehirn. Es gibt Hinweise, dass das Fischhirn plastisch ist und die Struktur verändern kann, je nachdem, wo sich Neuronen schneller entwickeln". So oder so helfe das Ergebnis aber, das unterschiedliche Jagdverhalten wilder Tiere auch auf Hirn-Mechanismen zurückzuführen: "Es ist ein riesiger Schritt in Richtung Verstehen, warum innerhalb einer Art verschiedene Persönlichkeitstypen existieren und wie sich in einer Population Vielfalt entwickelt".

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Foraging behaviour and brain morphology in recently emerged brook charr, Salvelinus fontinalis", Alexander D. M. Wilson & Robert L. McLaughlin; Behavioral Ecology and Sociobiology, Online-Veröffentlichung
DOI: 10.1007/s00265-010-1002-4


 

Home | Über uns | Kontakt | AGB | Impressum | Datenschutzerklärung
© Wissenschaft aktuell & Scientec Internet Applications + Media GmbH, Hamburg