High-Tech im Geflügelstall der Zukunft soll Männlein oder Weiblein schon im Ei erkennen

Neuer Ansatz zur Geschlechtsidentifizierung per Infrarotspektroskopie könnte Massentötung männlicher Küken verhindern
Schon vor dem Schlüpfen könnte künftig das Geschlecht des Kükens erkannt werden - mit Infrarotspektroskopie
Schon vor dem Schlüpfen könnte künftig das Geschlecht des Kükens erkannt werden - mit Infrarotspektroskopie
© Cornelia Dick-Pfaff, Wissenschaft-aktuell
Dresden - Massen männlicher Hühnerküken müssen sterben, weil sie nicht ins Konzept passen: Weibchen sind erheblich wertvoller für die Geflügelindustrie, da sie die Eier legen und schneller wachsen. Doch künftig ist die Massentötung der Männchen womöglich gar nicht mehr notwendig. Eine spezielle Spektroskopie-Methode soll helfen, die Geschlechter von Geflügel schon vor dem Schlüpfen zu erkennen. Dresdener Forscher haben die so genannte Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie erfolgreich eingesetzt, um das Geschlecht sechs Wochen alter Putenküken schnell und mit großer Genauigkeit zu bestimmen. Da die Technik die Probe in keiner Weise schädigt, sei denkbar, sie auch am befruchteten Ei anzuwenden, schreiben sie im Fachblatt "Analytical and Bioanalytical Chemistry". Sie könnte somit das Potenzial für die Anwendung in der Industrie besitzen. Die nicht gewünschten, kaum angebrüteten Eier könnten dann zwar nicht im Lebensmittelbereich, aber als Industrieeier weiter verwendet werden.

"Praktisch haben wir das noch nicht probiert, die Technik existiert aber", erläutert Gerald Steiner von der Technischen Universität Dresden gegenüber Wissenschaft aktuell. "Rein technisch sollte es machbar sein, 1000 Eier innerhalb weniger Sekunden zu scannen." Eier, aus denen Weibchen schlüpfen werden, könnten dann weiter bebrütet, die anderen als Industrieeier aussortiert werden. Die Methode würde das heute gängige Vorgehen in der Eierproduktion grundlegend verändern. Männliche Küken würden nicht mehr schlüpfen und müssten auch nicht getötet werden. Das Gerät, welches den Forschern vorschwebt, wäre mit einer Grundfläche von ein bis zwei Quadratmetern auch gar nicht groß und der Prozess komplett automatisiert. Noch ist das allerdings Zukunftsmusik, denn bis dahin ist noch einige Forschungsarbeit notwendig. Diese findet aktuell statt, sogar mit staatlicher Unterstützung.

Keine Zukunftsmusik ist dagegen die zugrunde liegende Analyse. An den Keimzellen aus dem Mark von Federkielen 23 männlicher und 23 weiblicher sechs Wochen alter Puten konnten Steiner und seine Kollegen nachweisen: Die Geschlechtsbestimmung der Tiere per Infrarotspektroskopie funktioniert - mit einer Genauigkeit von rund 95 Prozent. "Die Keimzellen im Federkiel und die Zellen der Keimscheibe im Ei sind identisch, was den molekularen Informationsgehalt betrifft", erklärt Steiner. Und damit ist das Prinzip auch am befruchteten Ei anwendbar und für Hühner gilt es ebenso wie für Puten. Grundlage ist die unterschiedliche biochemische Zusammensetzung der Eier. Da der RNA- und der DNA-Anteil in männlichen Eiern höher sind als in weiblichen, erhalten die Forscher bei der Untersuchung einen signifikanten spektralen Fingerabdruck. So können sie künftige Männchen und Weibchen klar auseinander halten.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Sexing of turkey poults by fourier transform infrared spectroscopy", Steiner G et al.; Analytical and Bioanalytical Chemistry (DOI 10.1007/s00216-009-3273-z)


 

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