Hexagonale Diamanten aus der Schockpresse

Erstmals konnte der schnelle Übergang von Grafit in die sehr seltenen Diamantstrukturen beobachtet werden
 Aus exakt ausgerichteten Grafitschichten in dieser Probe entstehen nach dem Aufprall einen Projektils hexagonale Diamantstrukturen.
Aus exakt ausgerichteten Grafitschichten in dieser Probe entstehen nach dem Aufprall einen Projektils hexagonale Diamantstrukturen.
© Gupta et al., WSU­
Pullman (USA) - Hexagonaler Diamant, auch Lonsdaleit genannt, ist die wahrscheinlich seltenste und härteste Kristallform von Kohlenstoff. Normalerweise zeigen Diamanten eine kubische Kristallstruktur, doch unter schockartig wirkenden hohen Drücken kann Grafit in die exotische hexagonale Struktur übergehen. Nun gelang es amerikanischen Physikern erstmals, die Bildung von hexagonalem Diamant mit einem Hochdruckexperiment und mit der Methode der Röntgenbeugung nahezu in Echtzeit zu beobachten. Über ihre Ergebnisse, die auch wichtig für die Analyse von Meteoriteneinschlägen sein könnten, berichten sie in der Fachzeitschrift „Science Advances“.

In der Natur wurden hexagonale Diamanten in Meteoriten entdeckt, in denen sie beim Aufprall auf die Erde aus darin enthaltenem Kohlenstoff entstanden sind. Theoretische Modelle gehen bisher davon aus, dass dazu extrem hohe Drücke von mindestens 170 Gigapascal nötig waren. Hexagonale Diamanten dienen daher als bevorzugter Indikator, um die Wucht eines Meteoriteneinschlags abschätzen zu können. Yogendra Gupta und seine Kollegen von der Washington State University in Pullman gelang der Phasenwechsel von Grafit in Lonsdaleit nun aber schon bei etwa 50 Gigapascal. Ihr Ergebnis könnte daher zu einer Neubewertung der bei Meteoriteneinschlägen freigesetzten Energie führen.

„Die Umwandlung in hexagonalen Diamant geschah bei signifikant geringeren Drücken als bisher angenommen“, sagt Gupta. Für diese Erkenntnis nutzte er gemeinsam mit seinen Kollegen ein Schockwellenexperiment, in dem eine exakt ausgerichtete Grafitprobe für kurze Zeit enorm hohen Drücken ausgesetzt wurde. Dazu beschleunigten sie eine dünne Scheibe aus einem Kunststoff und Lithiumfluorid mit einer zweistufigen Gaskanone auf etwa 18.000 Kilometer pro Stunde. Nach dem Aufprall auf die Grafitprobe entstand eine Schockwelle, die sich mit 30.000 Kilometern pro Stunde durch das Kohlenstoffmaterial ausbreitete.

Um die Dynamik des Phasenwechsels von Grafit zu hexagonalem Diamant untersuchen zu können, verwendeten Gupta und Kollegen Röntgenpulse einer Synchrotronstrahlungsquelle, der Advanced Photon Source Argonne National Laboratory nahe Chicago. Diese extrem kurzen Pulse lenkten sie während des Schockwellenexperiments durch die Grafitprobe. Hinter der Probe wurden die von den Kohlenstoffkristallen abhängig von der jeweiligen Struktur gebeugten Röntgenwellen mit einem empfindlichen Detektor wieder aufgefangen. Die Analyse dieser Aufnahmen zeigte ein Muster, das eindeutig auf eine hexagonale Kristallstruktur schließen ließ. Andere Diamantvarianten etwa mit einer kubischen Struktur konnten dagegen ausgeschlossen werden. Dank der Zeitstruktur der Röntgenpulse erkannten die Forscher, dass die Schockwelle einige hundert Nanosekunden auf die Grafitprobe einwirkte. Der Phasenwechsel des Grafits in hexagonalen Diamant vollzog sich bei etwa 50 Gigapascal sogar in nur wenigen Nanosekunden nach dem Aufprall.

„Diese Ergebnisse bieten eine exzellente Methode, um theoretische Modelle für die Strukturen von Hochdruck-Kristallen zu überprüfen“, sagt Gupta. So müssten nun auch die bisherigen Annahmen zur Bildung von hexagonalem Diamant angepasst werden, da sie für diese Kristallisation bisher deutlich höhere Drücken von mehr als 170 Gigapascal prognostizierten. Die Resultate haben laut Gupta nicht nur Auswirkungen auf die Analyse von hexagonalen Diamantstrukturen in Meteoriten. Sie könnten auch zur Entwicklung neuer Materialien beitragen.

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