Herzschlag per Laserblitz kontrollieren

Lichtimpulse können die Herzmuskulatur zum kontrollierten Schlagen bringen - Optische Herzschrittmacher mit dieser Technik arbeiten schonender, liegen allerdings noch in weiter Ferne
Bild eines 53 Stunden alten Wachtel-Embryos. Der Lichtleiter (unten) liefert Laserpulse, um den Herzschlag zu beeinflussen - ein Laser-Doppler-Anemometer (links) misst berührungslos den tatsächlichen Takt des Herzens
Bild eines 53 Stunden alten Wachtel-Embryos. Der Lichtleiter (unten) liefert Laserpulse, um den Herzschlag zu beeinflussen - ein Laser-Doppler-Anemometer (links) misst berührungslos den tatsächlichen Takt des Herzens
© Michael Jenkins, Case Western
Cleveland (USA) - Lichtblitz statt Stromschlag: Herzschrittmacher der Zukunft könnten auf schonendere Art erreichen, das Herz im Takt zu halten, berichten US-Forscher. Ihnen gelang es, den Herzschlag von Vogelembryonen gezielt zu steuern, indem sie den Herzmuskel ultrakurzen infraroten Lichtpulsen aussetzten. Das Licht beeinflusst offenbar das so genannte Aktionspotenzial der Herzmuskelzellen, das als erster Schritt zur Muskelkontraktion gilt. Es gelang den Forschern so, das Herz im Takt mit dem Lichtpuls schlagen zu lassen, auch als sie den Takt beschleunigten. Nach Ausschalten des Lichts fiel das Herz der Embryonen wieder in den ursprünglichen Schlagrhythmus zurück, berichten die Forscher im Fachblatt "Nature Photonics". Herzschrittmacher nach diesem Prinzip liegen allerdings noch in weiter Ferne. Zunächst muss geprüft werden, ob und wie der Lichtpuls bei den weniger durchscheinenden und komplizierter gebauten menschlichen Herzen wirkt.

"Wir zeigen hier erstmals die optische Schrittsteuerung eines intakten Herzens im lebenden Körper", schreibt das Team um Andrew Rollins von der Case Western Reserve University. Frühere Studien hatten gezeigt, dass nur Femtosekunden kurze Laserpulse die Aktivität der Kardiomyozyten beeinflussen können, jener Herzzellen, die sich in Gruppen zeitgleich zusammenziehen und den Herzschlag verursachen. Das Licht des eingesetzten Titan-Saphir-Lasers konnte die Zellen allerdings schädigen - anders als Infrarotlicht, das in einer weiteren Studie die Aktionspotenziale der Zellen beeinflusste, weit unterhalb der Schadensintensität. Rollins und Kollegen wählten für ihren Versuch daher einen millisekunden-gepulsten Infrarot-Diodenlaser mit einer Wellenlänge von 1,875 Mikrometern und richteten ihn statt auf Zellkulturen auf ein komplettes Herz im lebenden Körper: auf den Herzmuskelschlauch von Wachtel-Embryonen, im Brutkasten in der Eierschale herangewachsen. Das Herz von Vogelembryonen ist recht einfach gebaut, entwickelt sich schnell und beginnt bereits nach rund 40 Stunden Bebrütens zu schlagen. Die Embryonen im Versuch waren zwischen 53 und 59 Stunden bebrütet worden, das Herz schlägt dann in der Regel alle zwei Sekunden.

Die Forscher richteten ihr Laserlicht - mithilfe eines 400 Mikrometer breiten Lichtleiters - aus 500 Mikrometer Entfernung jeweils auf eine 0,3 Quadratmillimeter große Fläche des Herzmuskelschlauches. Zunächst blitzten sie zweimal pro Sekunde: Das Herz des Embryos folgte jeweils dem Takt. Ebenso, als sich die Impulsfrequenz auf drei pro Sekunde steigerte. Nach Abschalten des Lasers fiel der Schlagrhythmus auf etwa den Ursprungstakt zurück. Solange die Forscher die Lichtintensität unterhalb einer Grenze von 0,81 Joule pro Quadratzentimeter hielten, funktionierte das Steuern des Herzschlags und unter dem Elektronenmikroskop zeigte das Herz der Embryos keine Schäden durch diese Beeinflussung.

Um mit dieser nicht-invasiven Technik Herzschrittmacher für den Menschen zu konstruieren, sind noch zahlreiche offene Fragen zu klären. Zum einen müsste die Methode statt für einen einfachen Muskelschlauch auch für ein System aus vier Kammern funktionieren. Zum anderen aber ist noch unklar, was genau zu diesem Steuerungseffekt führt. Rollins' Team vermutet, dass das Licht ein thermisches Gefälle verursacht, welches die Ionenkanäle der Zellen öffnet und unter den richtigen Bedingungen das nötige Aktionspotenzial induziert. Dies könnte allerdings bei weniger durchsichtigem Zellmaterial als beim Vogelembryo ebenfalls Probleme aufwerfen. Dennoch hätte ein optischer Herzschrittmacher Vorteile gegenüber dem elektrischen: Er vermeidet den direkten Kontakt zum Herzmuskel und verzichtet auf anliegende Elektroden, die Schäden verursachen können. Und der Laser ließe sich gezielt auf nur Teile des Problemherzens richten.

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Optical pacing of the embryonic heart", M. W. Jenkins, A. M. Rollins et al.; Nature Photonics, Online-Vorabveröffentlichung.


 

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