Häufige Ekel-Empfindung deutet auf konservative Grundhaltung hin

Wenn jemandes Ekelgrenze sehr niedrig ist, könnte dies darauf hindeuten, dass dieser Mensch politisch eher konservativ eingestellt ist.
Manche Menschen ekeln sich schon beim Anblick von Regenwürmern, andere können völlig ungerührt Köpfe von geschlachteten Kälbern betrachten wie hier auf einem Markt in Barcelona. Die persönliche Ekelgrenze kann auch etwas mit den eigenen politischen Einstellungen zu tun haben
Manche Menschen ekeln sich schon beim Anblick von Regenwürmern, andere können völlig ungerührt Köpfe von geschlachteten Kälbern betrachten wie hier auf einem Markt in Barcelona. Die persönliche Ekelgrenze kann auch etwas mit den eigenen politischen Einstellungen zu tun haben
© Aboutpixel / Sven Brentrup
Ithaca (USA) - Wer sich schnell und oft vor etwas ekelt – vor Blut, Schleim oder auch stickigen, ungelüfteten Räumen -, hat eher eine konservative Grundhaltung als jemand, der solche Dinge gelassener sehen kann. Den Zusammenhang zwischen Ekel-Empfindung und politischer Grundeinstellung hat ein amerikanisches Wissenschaftler-Team in zwei Studien herausgearbeitet. Die konservative Einstellung lasse sich besonders gut an der Haltung gegenüber Abtreibung und der so genannten "Homo-Ehe" festmachen, zeigen die Forscher in den Fachzeitschriften "Emotion" und "Cognition & Emotion".

"Schon seit Längerem wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass viele unserer moralischen Werte von Emotionen gesteuert werden", erklärt David A. Pizarro von der Cornell University. "Besonders Ekel scheint eines der Gefühle zu sein, die für moralische Urteile herangezogen werden." Für ihre Forschung untersuchten Pizarro und seine Kollegen die politischen Einstellungen von 181 Erwachsenen aus US-Bundesstaaten mit politisch konservativ und liberal orientierter Bevölkerung. Außerdem stellten sie bei den Probanden die individuellen "Ekel-Grenzen" mit Hilfe der "Disgust Sensitivity Scale" fest. Dabei ergab sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen einer niedrigen "Ekel-Schwelle" und einer politisch konservativen Einstellung. Besonders deutlich wurde dies bei den Einstellungen zu Schwulen und Lesben: Wer sich schnell ekelte, war meist auch gegen homosexuelle Beziehungen und eingetragene Partnerschaften von Schwulen und Lesben.

Die Studien der Forscher zeigen auch, dass Liberale und Konservative uneins darüber sind, ob Ekel überhaupt ein eigenständiges Argument in moralischen Urteilen sein kann. Konservative behaupten gern, dass eine "innere Weisheit" darin liege, etwas aus Ekel abzulehnen, auch wenn sonst nichts dagegen spricht. Liberale dagegen weisen dies zurück. Sie wollen ihre Urteile lieber darauf gründen, ob etwas tatsächlich schädlich ist.

Wenn Menschen der Ansicht sind, dass allein ihr persönliches Ekel-Gefühl ausreiche, um etwas ablehnen zu dürfen, dann kann dies tragische Folgen haben, sagen die Forscher. Dann gäbe es nämlich auch eine Legitimation, bestimmte Minderheiten abzulehnen, weil diese angeblich eklige Eigenschaften oder Gewohnheiten haben. "Ekel hat tatsächlich einen Sinn, nämlich uns vor Krankheiten zu schützen", sagt Pizarro. "Aber er hat sich nicht zum Zweck der moralischen Urteilsbildung entwickelt. Wir sollten deshalb sehr wachsam sein, welchen Einfluss Ekel tatsächlich hat."

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Quelle: "Conservatives are more easily disgusted than liberals", Yoel Inbar; David A. Pizarro; Paul Bloom; Cognition & Emotion, 2008; 23 (4): 714 DOI: 10.1080/02699930802110007
"Disgust sensitivity predicts intuitive disapproval of gays", Inbar, Yoel; Pizarro, David A.; Knobe, Joshua; Bloom, Paul; Emotion, 2009; 9 (3): 435 DOI: 10.1037/a0015960


 

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