Hässliche Rivalen lassen Guppy-Männchen besser aussehen
„Wir stellten fest, dass sich Männchen bevorzugt zu Weibchen gesellten, die von relativ farblosen Konkurrenten umgeben waren“, schreiben Clelia Gasparini von der Universität Padua und ihre Kollegen. Das Ausmaß dieser Vorliebe hing mit dem Grad der eigenen Färbung zusammen. Die Biologen hatten bei Guppys (Poecilia reticulata) im Verhaltensexperiment untersucht, inwiefern die männliche Gesellschaft eines Weibchens beeinflussen kann, ob sich ein weiteres Männchen für das Weibchen interessiert. Dazu teilten sie ein Aquarium in insgesamt sieben Teile – einen großen in der Mitte und jeweils drei kleine an den Seiten. In den seitlichen Abschnitten flankierten jeweils zwei Männchen ein Weibchen – bei dem einen zwei bunte, und damit für das Weibchen attraktivere Exemplare, bei dem anderen zwei weniger farbenfrohe Artgenossen. Im Mittelteil befand sich ein einzelnes Männchen. Es konnte die beiden Dreiergruppen zunächst aus einem durchsichtigen Plexiglaszylinder heraus mustern. Nachdem die Forscher diesen vorsichtig entfernt hatten und der Fisch frei schwimmen durfte, beobachteten sie, für welches der Weibchen das Männchen eher Interesse zeigte, indem es sich häufiger in dessen Nähe aufhielt.
Tatsächlich bevorzugten Männchen – insbesondere diejenigen, die selbst weniger farbenfroh waren – die Weibchens, in deren Nähe sich die weniger attraktiven Männchen befanden. Sie waren sogar in der Lage, sich zumindest kurzfristig daran zu erinnern, dass sie ein Weibchen mit bestimmten Männchen gesehen hatten. Dies war aber nur dann der Fall, wenn sie zuvor bereits Erfahrungen mit männlichen Artgenossen gemacht hatten und dementsprechend wohl ihre eigene Position im Vergleich zu anderen Männchen einschätzen konnten. Hatte ein Männchen vor dem Experiment in einem Aquarium ohne andere Männchen gelebt, konnte er die Situation nicht so gezielt beurteilen und hielt sich gleichermaßen bei beiden Weibchen auf. Es gebe zwar wachsende Belege dafür, dass die soziale Umgebung Entscheidungen der Männchen bei der Partnersuche beeinflusst, so die Forscher. Aber ihre Studie sei die erste, die zeigt, dass Männchen in der Lage sind, bei ihrem Werben um ein Weibchen den am ehesten erfolgversprechenden sozialen Wettstreit auszuwählen, was die eigene Attraktivität relativ zu der rivalisierender Männchen betrifft.
Guppyweibchen denken gar nicht daran, ihre Gunst nur einem Verehrer zu gewähren. Haben sie die Wahl zwischen mehreren Werbern, bevorzugen sie besonders bunte Männchen mit auffälligen orangefarbenen Flecken. Kommt kurz nach einer Paarung noch ein hübscherer Kerl daher, wird auch er nicht verschmäht. Die Spermien bunterer Männchen haben dabei auch höhere Erfolgschancen bei der Befruchtung. Die Färbung der Männchen ist damit also ein Anzeichen für einen potenten Partner. „Unsere Ergebnisse liefern experimentellen Beweis dafür“, schreiben die Biologen, „dass in einer Art, bei der die weibliche Wahrnehmung männlicher Attraktivität von der Attraktivität von Rivalen beeinflusst wird und merkliche Folgen für den männlichen Fortpflanzungserfolg hat, die Männchen aktiv den sozialen Kontext wählen, der ihre relative Attraktivität maximiert und von dem sie erwarten, dass ihre Erfolgschancen erhöht werden.“