Haarige Stressanalyse

Cortisol im Haar gibt Aufschluss über die Belastung mit chronischem Stress
Cortisol im Haar verrät auch über längere Zeiträume etwas über die Stressbelastung
Cortisol im Haar verrät auch über längere Zeiträume etwas über die Stressbelastung
© C. Dick-Pfaff, Wissenschaft aktuell
London, Ontario (Kanada) - Chronischer Stress schlägt sich auch im Haar nieder. Das Stresshormon Cortisol lagert sich im Haarschaft ab und da das Haar im Monat etwa einen Zentimeter wächst, verrät jeder Zentimeter etwas über den Stress des jeweiligen Zeitraumes. Kanadische und israelische Forscher haben nun eine Methode entwickelt, die dies ausnutzt und mit der sich die längerfristige Stressbelastung anhand von Cortisol in Haarproben nachvollziehen lässt. Sie konnten mit ihren Analysen zeigen: Bei Herzinfarktpatienten ist die Cortisol-Konzentration im Haar tatsächlich erhöht. Das legt nahe, dass chronischer Stress ebenfalls einen Risikofaktor für Herzinfarkt darstellt, berichten die Mediziner im Fachblatt "Stress". Bislang war dessen Rolle nicht eindeutig belegt.

"Intuitiv wissen wir, Stress ist nicht gut, aber das ist nicht leicht zu messen", erläutert Gideon Koren von der University of Western Ontario. "Wir wissen, dass das Haar im Schnitt einen Zentimeter im Monat wächst, und so können wir, wenn wir eine sechs Zentimeter lange Haarprobe nehmen, die Stresspegel für sechs Monate bestimmen, indem wir die Cortisol-Mengen im Haar messen." Koren und seine Kollegen hatten für ihre Studie von 56 männlichen Patienten, die mit einem Herzinfarkt in ein israelisches Krankenhaus eingeliefert worden waren, jeweils drei Zentimeter lange Haarproben genommen und analysiert. Diese Analysen hatten sie mit denen von Haarproben 56 anderer Patienten verglichen, die aus anderen Gründen ins Krankenhaus gekommen waren.

Sie stellten fest: Im Vergleich zur Kontrollgruppe wiesen die Haarproben der Herzinfarktpatienten deutlich höhere Cortisol-Konzentrationen in den drei Monaten vor dem Infarkt auf. Auch als die Mediziner andere Faktoren in ihre Berechnungen einbezogen, erwies sich die Menge an Cortisol im Haar als am meisten ausschlaggebend. In anderen Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck, Veranlagung oder Rauchen unterschieden sich die beiden Gruppen nicht merklich voneinander. Die Probanden aus der Herzinfarkt-Gruppe hatten lediglich häufiger Probleme mit dem Cholesterin.

Akuten Stress anhand von Stresshormonen in Blut, Urin oder Speichel zu messen, stellt kein Problem dar. Das Ergebnis spiegelt aber immer nur die Belastung zum Zeitpunkt der Messung wieder, schwieriger wird es, diese über längere Zeiträume zu bestimmen. Während akuter Stress einen bekannten Risikofaktor für Herzinfarkt darstellt, war die Rolle chronischen Stresses bislang weniger klar. Mithilfe der Haaranalyse können Koren und seine Kollegen nun belegen, dass auch chronischer Stress das Herzinfarktrisiko erhöht. "Stress ist ein ernster Teil modernen Lebens, der viele Bereiche von Gesundheit und Leben beeinflusst", so Koren. "Diese Studie hat Auswirkungen auf Forschung und Praxis, da Stress mit Lebensstiländerungen und Psychotherapie bewältigt werden kann."

(c) Wissenschaft aktuell
Quelle: "Hair cortisol and the risk for acute myocardial infarction in adult men", Gideon Koren et al.; Stress (Online-Veröffentlichung, DOI: 10.3109/10253890.2010.511352)


 

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