Große Artenvielfalt macht Korallenriffe anfälliger
"Offenbar spielt jede einzelne Art eine wichtige Rolle in den empfindlichen Ökosystemen", sagt Ferse gegenüber dapd. Vom gestreiften Anemonenfisch über Haie und Zackenbarsche bis zum stacheligen Rotfeuerfisch stellten die Forscher detaillierte Inventurlisten der Raub- und Beutefische auf. Ferse selbst analysierte bei seinen Tauchgängen drei Korallenriffe vor der Küste Sulawesis, einer indonesischen Insel im so genannten Korallendreieck in Südostasien. Auf einer Strichliste aus wasserfestem Papier notierte er jeden Fisch, der ihm entlang einer 25 Meter langen Tauchstrecke rechts und links unter die Augen kam. Vergleichbare Zählungen unternahmen seine Kollegen im globalen Tropengürtel an etwa 2000 verschiedenen Standorten. "Aber Indonesien hat weltweit die höchste Biodiversität unter Wasser", sagt Ferse.
Mit einem Ertrag von jährlich bis zu 15 Tonnen Fangfisch pro Quadratkilometer bilden Korallenriffe heute die Lebensgrundlage für Millionen von Menschen. Zusätzlich zur Fischerei belasten die Anwohner die Riffgewässer mit Schadstoffen aus der Landwirtschaft in den Küstenregionen. Gerade die besonders artenreichen Korallenriffe in indonesischen Gewässern litten stark unter den Menschen, was sich in Nachbarschaft größerer Siedlungen an einem deutlichen Schwund der Fischmengen zeigte. Korallenriffe im Roten Meer dagegen wiesen eine geringere Artenvielfalt auf. Zur Überraschung der Forscher waren hier die Schäden durch menschliche Einflüsse geringer.
Sind heute mindestens 30 Millionen Menschen für ihre Ernährung auf die funktionierenden Ökosysteme der Korallenriffe angewiesen, könnte sich ihre Anzahl in 50 bis 100 Jahren sogar noch verdoppeln. Der Schutz der Riffgewässer müsse laut Ferse daher dringend verbessert werden. Ein nachhaltiger Tourismus beispielsweise könne die Belastungen einer intensiven Fischerei senken helfen und das Bewusstsein für die Artenvielfalt der Korralenriffe steigern, so Ferse. Er warnt aber vor Intensivtourismus: "Mit zu vielen Tauchern eines Riff-Massentourismus wird dieser Vorteil jedoch wieder verloren gehen."