Good Vibrations unter Pflanzen?

Mysteriöse Kommunikationswege bei Pflanzen – Australische Forscher finden stichhaltige Hinweise und vermuten akustische Signale auf der Basis von Zellvibrationen hinter dem Phänomen
Crawley (Australien) - Nicht nur Tiere, auch Pflanzen können miteinander kommunizieren – das ist soweit nichts Neues. Australische Biologen glauben jetzt allerdings, deutliche Hinweise auf bislang unbewiesene Wege gefunden zu haben, über welche Pflanzen Kontakt miteinander haben. In ihren Versuchen mit keimenden Chilisamen schlossen sie bekannte Signalwege wie Licht oder chemische Botenstoffe aus – und trotzdem reagierten die Samen auf ihre Nachbarschaft: In Gesellschaft eines guten Nachbarn – einer Basilikumpflanze – keimten und wuchsen mehr Chilipflanzen. Die Forscher vermuten, dass akustische Kommunikation über feinste Zellvibrationen hinter dem von ihnen beobachteten Effekt stecken könnten, berichten sie im Fachblatt „BMC Ecology“.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Pflanzen in der Lage sind, das Wachstum von Samen über einen bislang unbekannten Mechanismus positiv zu beeinflussen“, sagt Monica Gagliano von der University of Western Australia. „Schlechte Nachbarn hindern auf dieselbe Art und Weise das Auskeimen von Chilisamen. Wir glauben, dass die Antwort mit akustischen Signalen einhergehen könnte, die von nanomechanischen Oszillationen aus dem Zellinneren erzeugt werden, welche die Kommunikation zwischen benachbarten Pflanzen erlaubt.“ Gemeinsam mit ihrem Kollegen Michael Renton hatte Gagliano Keimungsexperimente mit Chilisamen gemacht. Die Biologen ließen die Samen in Petrischalen keimen, die sie kreisförmig um Basilikumpflanzen im Zentrum platzierten. Dabei war die Anordnung entweder offen, so dass sowohl über Licht als auch über chemische Substanzen eine Kommunikation zwischen Samen und Pflanze stattfinden konnte. Oder das Basilikum war durch einen mit schwarzer Plastikfolie bedeckten Zylinder hermetisch von den umliegenden Samen abgeschlossen. Als Kontrollsituation diente dieselbe Anordnung ohne eine Pflanze im abgeschirmten Zentrum. Das Experiment wiederholten sie zudem mit erwachsenen Chilipflanzen im Zentrum des Versuchsaufbaus.

Es zeigte sich: In der Kontrolle ohne eine Nachbarpflanze in ihrer Mitte keimten weniger Samen, während mehr der Samen keimten, wenn eine offene Kommunikation mit einer Pflanze im Zentrum stattfinden konnte. Basilikum allerdings hatte auch dann noch eine Wirkung auf die Samen, wenn die offensichtlichen Kommunikationswege abgeschirmt waren. Trotz der Isolation durch den schwarz verkleideten Kunststoffzylinder keimten in Anwesenheit der Basilikumpflanze mehr Samen als in der Kontrollsituation. Waren Chilipflanzen die Nachbarn der Samen, ließ sich kein so deutlicher Effekt mehr beobachten, wenn die Pflanze abgeschirmt war. Dann gab es keinen merklichen Unterschied zwischen Kontrollsituation ohne eine Pflanze und abgeschirmter Situation mit einem Artgenossen. Waren die gewöhnlichen Signalwege zu einer erwachsenen Chilipflanze in der Mitte aber offen, keimten mehr der Samen.

Die mysteriöse Kommunikation, die weder von Licht noch von chemischen Botenstoffen oder Berührung abhängt, scheint demnach vor allem dann eine Rolle zu spielen, wenn es um die Kommunikation mit anderen Arten als der eigenen geht. Bei innerartlicher Kommunikation dagegen ist er wohl weniger wichtig. Dann sind bekannte Signalwege wie Licht und chemische Botenstoffe von größerer Bedeutung, legen die Versuche nahe.

Bereits in früheren Veröffentlichungen hatten Gagliano und Renton die Idee aufgebracht, dass akustische Signalwege für die Beziehungen zwischen Pflanzen und deren Kommunikation untereinander eine Rolle spielen. Solche Signale, so die Biologen, könnten durch biochemische Prozesse im Zellinneren erzeugt werden. Sogenannte nanomechanische Oszillationen verschiedener Komponenten des Zytoskeletts könnten demnach eine Reihe von Vibrationen erzeugen. „Die aktuellen Ergebnisse“, schreiben die Forscher, „stützen die Hypothese einer akustischen Kommunikation.“ Sie erweitern somit das Verständnis darüber, wie Pflanzen gezielte Interaktionen mit Nachbarn unterschiedlicher Arten bewerkstelligen.

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