Gonokokken können menschliche DNA enthalten

Einige Stämme der Gonorrhö-Erreger haben ein Stück menschlicher DNA in ihr Erbgut eingebaut
Neisseria gonorrhoeae (Gram-Färbung)
Neisseria gonorrhoeae (Gram-Färbung)
© CDC/ Joe Miller
Chicago (USA) - Mikroben können DNA-Fragmente aus dem Erbgut nicht-verwandter Arten aufnehmen und in das eigene Genom integrieren. Jetzt haben amerikanische Biologen erstmals entdeckt, dass sich Bakterien sogar menschliche DNA aneignen können - und zwar ganz ohne die Hilfe von Molekularbiologen. Bei mehreren Stämmen von Gonokokken, den Erregern der Gonorrhö, fanden sie eine DNA-Sequenz aus dem Genom des Menschen. Welche Bedeutung das fremde Genmaterial für die Bakterien und den Infektionsprozess haben könnte, müssen weitere Untersuchungen zeigen, schreiben die Forscher im Online-Journal "mBio".

"Ob der Einbau von DNA des menschlichen Wirts den Gonokokken einen Vorteil gebracht hat, wissen wir noch nicht", sagt Hank Seifert von der Northwestern University in Chicago. Gonokokken (Neisseria gonorrhoeae) gehören zu den wenigen Arten bakterieller Krankheitserreger, die für ihre Vermehrung ausschließlich auf den Menschen angewiesen sind. Sie werden durch Sexualkontakt übertragen und verursachen eine der häufigsten Geschlechtskrankheiten, die Gonorrhö, auch Tripper genannt. Die Tatsache, dass das Bakterium genetisches Material seines Wirts übernommen hat, könnte vielleicht für die Anpassung an das Überleben im menschlichen Organismus von Bedeutung sein, so Seifert.

Sein Forscherteam nutzte und bestätigte zunächst die Ergebnisse von Genomsequenzen, die Wissenschaftler des Broad Institute in Cambridge erzielt hatten. Bei drei von 14 Gonokokkenstämmen, die aus klinischem Untersuchungsmaterial gewonnen wurden, fand sich im Erbgut eine DNA-Sequenz, die im menschlichen Genom mehrfach vorhanden ist. Das gleiche Erbgutfragment konnten die Forscher nun in elf Prozent aller daraufhin untersuchten Stämme dieses Bakteriums nachweisen. Bei den genetisch eng verwandten Meningokokken (Neisseria meningitidis) war diese menschliche DNA dagegen nicht nachweisbar. Daraus schließen die Biologen, dass der Einbau des genetischen Materials ein in evolutionärem Zeitmaßstab noch nicht lange zurückliegendes Ereignis gewesen sein muss. "Der nächste Schritt ist, herauszufinden, was dieses DNA-Stück bewirkt", sagt Seifert. Es handelt sich dabei um ein so genanntes "long interspersed nuclear element" (LINE), eine wenige Tausend Basenpaare lange, als Transposon bezeichnete DNA-Sequenz.

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Quelle: Mark Anderson et al.; mBio, Ausgabe vom 14. Februar, http://mbio.asm.org


 

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