Gigantisches Gewitter auf dem Saturn
"Der Sturm war über die gesamten zwei Monate der Beobachtungszeit aktiv", berichten Agustin Sánchez-Lavega und seine Kollegen von der Universidad del País Vacso in Bilbao. Mit ihren Beobachtungen und Computermodellen versuchten sie, die Entstehungsprozesse des Monstersturms besser zu verstehen. Die riesige weiße Gewitterwolke – Great White Spot – entstand offenbar durch warme Gasströme innerhalb von Konvektionszellen. In der wasserhaltigen Atmosphäre wurden so Eispartikel aus Ammoniak in die obere Troposphäre transportiert. Dort störten sie die sonst sehr ruhigen Atmosphärenschichten und verteilten sich mit schnellen, ostwärts und westwärts gerichteten Winden über tausende Kilometer. "Bereits drei Wochen nach seiner Entdeckung erstreckte sich der Sturm über 10.000 Kilometer. Zwei Monate später reichte er einmal um den ganzen Planeten. Und jetzt, sieben Monate nach der Entdeckung, umfasst er die Fläche von vier Milliarden Quadratkilometern. Das ist das Achtfache der Erdoberfläche", erklärt Georg Fischer von der österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Für ihre Studie nahmen Fischer und seine Kollegen vor allem die elektrischen Entladungen in der Saturn-Atmosphäre unter die Lupe. Wegen des starken Streulichts, verursacht durch die Ringe des Planetens, ließen sich die Blitze nicht direkt als sichtbare Lichtpulse wahrnehmen. Doch mit einem Detektor der Raumsonde Cassini konnten die Forscher die Radiowellen, die bei Blitzentladungen auftreten, messen. Über diesen indirekten Nachweis schlossen sie auf die enorme Intensität und hohe Frequenz der Blitze. Zusammen mit der Blitzaktivität erreichte der Sturm in den ersten drei Monaten seiner Existenz eine Energie von insgesamt einer Quadrillion - 10 hoch 24 - Joule. Das entspricht der gesamten jährlichen Sonnenenergie, die auf der Erde eintrifft.
Solche Monsterstürme bilden sich bevorzugt im Frühling eines Saturnjahres, das etwa 29,5 Erdenjahre dauert. Wegen der Neigung der Rotationsachse des Saturns um 26,7 Grad kommt es auf dem Planeten zu deutlichen, jahreszeitlichen Schwankungen. "Aber welche Aspekte der Jahreszeiten lösen einen Sturm in diesem Zeitfenster aus?", fragt sich Peter Read von der University of Oxford in einem begleitenden Kommentar. Zwar helfen nach seiner Meinung diese bisher genauesten Analysen eines Saturnsturms, die Wetterphänomene auf dem Planeten zu verstehen. Doch erst mit weiteren Beobachtungen und ausgefeilteren Modellen könnten die komplexen Prozesse in der Saturnatmosphäre eindeutig geklärt werden.
"Deep winds beneath Saturn’s upper clouds from a seasonal long-lived planetary-scale storm", A. Sánchez-Lavega et al.; Nature, doi:10.1038/nature10203