Gib dem Panda Zucker

Die Bären können Süßes schmecken, obwohl ihre Hauptspeise Bambus kaum Zucker enthält
Die Pandas hatten die Wahl zwischen zwei Schüsseln - eine mit purem Wasser, die andere auf unterschiedliche Weise gesüßt.
Die Pandas hatten die Wahl zwischen zwei Schüsseln - eine mit purem Wasser, die andere auf unterschiedliche Weise gesüßt.
© Mary Leonard/Monell Center
Philadelphia (USA) - Pandas haben einen Sinn für Süßes: Obwohl die schwarz-weißen Bären beinahe ausschließlich Bambus fressen, der kaum Zucker enthält, haben sie trotzdem ihren Geschmackssinn im Bereich des Süßen bewahrt. Das konnten britische Forscher in Veraltensversuchen beobachten. Mit Erbgutanalysen ließen sich diese Beobachtungen darüber hinaus auch auf genetischer Ebene bestätigen, berichten sie im Fachblatt „PLoS ONE“. Bei anderen Tieren, deren Ernährung wenig bis keinerlei süße Komponenten enthält, wie etwa reine Fleischfresser, kommt es dagegen vor, dass sich die Geschmacksrezeptoren für süß im Laufe der Evolution verlieren.

„Pandas lieben Zucker“, sagt Danielle R. Reed vom Monell Chemical Senses Center. „Unsere Ergebnisse können erklären, warum Bao Bao, das sechs Monate alte Panda-Junge im National Zoo in Washington, während der Entwöhnung offensichtlich Süßkartoffeln als liebstes Essen genießt.“ Gemeinsam mit ihren Kollegen hatte Reed Verhaltensexperimente mit acht Großen Pandas (Ailuropoda melanoleuca) im Alter von 3 bis 22 Jahren durchgeführt. Sie setzten den Bären für fünf Minuten zwei Schüsseln mit je einem Liter Wasser vor. Eine der beiden Trinkrationen war mit je einem von sechs unterschiedlichen natürlich vorkommenden Zuckern versetzt. Darunter waren Glukose, Saccharose und Fruktose – und zwar jeweils in höherer und einmal in niedrigerer Konzentration. Dann beobachteten die Forscher, welche der zwei Rationen die Tiere bevorzugten. Trank ein Panda mehr aus einer der beiden Schüsseln, wurde dies als Präferenz gewertet. Auf die gleiche Weise prüften sie, ob die Bären auch die Süße fünf künstlicher Süßstoffe gegenüber purem Wasser favorisierten.

Tatsächlich zogen die Pandas sämtliche Zuckerlösungen dem schnöden Wasser vor. Besonders hoch in ihrer Gunst standen dabei Fruktose und Saccharose. Bei den künstlichen Süßungsmitteln dagegen zeigten sich wenig bis gar keine Präferenzen für die Süße. Anders als der Mensch scheint der Panda diese Form von süß nicht zu schmecken oder aber nicht auffallend lecker zu finden.

In weiteren Experimenten mit Zellkulturen testeten Reed und ihre Kollegen die genetischen Grundlagen des Süß-Geschmackssinns der Pandas. Und sie fanden einen Zusammenhang zu den Ergebnissen aus den Verhaltensversuchen: Sie stellten fest, dass die Bären in der Tat funktionsfähige Geschmacksrezeptoren für die Geschmacksrichtung süß besitzen. Diese Rezeptoren sprachen zwar nicht auf künstliche Süßungsmittel an, reagierten allerdings deutlich auf Zucker. „Die Geschmacks-DNA eines Tieres zu untersuchen“, erläutert Reed, „kann uns entscheidende Hinweise auf dessen vergangene Ernährungsweise liefern.“ Dieses Wissen sei insbesondere für bedrohte Tierarten in Gefangenschaft wichtig.

Zwar enthält Bambus kaum einfache Zucker, dennoch haben sich Pandas ganz offensichtlich ihren Geschmack für Süßes bewahrt – und das obwohl ihre Ernährung zu schätzungsweise 99 Prozent aus kaum süßem Bambus besteht. Bei andern Tieren, deren Ernährung keinerlei Süße aufweist, ist dieser Geschmacksrezeptor im Laufe der Evolution häufig verloren gegangen. So schmecken Katzen als ausschließliche Fleischfresser zum Beispiel keine Süße. Warum sich der Süßrezeptor bei Pandas dennoch gehalten hat, dazu können die Forscher lediglich Hypothesen aufstellen. Die in ihren Augen attraktivste Erklärung ist, dass diese Geschmacksrezeptoren auch außerhalb des Mundes eine zentrale Funktion ausüben, etwa in Verdauungstrakt oder Bauchspeicheldrüse.

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